Noch Mehrzweck – der Kulturpalast in Dresden

Dresden hat es nicht leicht. Zuviel bauliches Erbe, das – nach der beinahe kompletten Zerstörung der historischen Kernstadt – direkt auf die jüngste deutsche Vergangenheit verweist. Mit dem Wiederaufbau der Frauenkirche haben sich die Dresdner Identifikation und Heimat zurückgeholt, an anderen Stellen wollen sie beinahe gleich weit zurück in die von heute aus gesehen glorreiche Geschichte des 17. Jahrhundert. Dieser Umstand – der sich bundesweit manifestiert – führt dann auch schon mal dazu, denkmalgeschützte Nachkriegsarchitektur anzugreifen. So jedenfalls wollte man (der Stadtrat als Entscheidungsgremium) mit dem Kulturpalast verfahren. Der Bau in Sicht- und Rufweite der neuen alten Kirche ist ein Verwandter des Palastes der Republik in Berlin, wurde entworfen von Leopold Wiel und realisiert durch Wolfgang Hänsch, wird zur Zeit von allen möglichen kulturellen Veranstaltungen heimgesucht (Beethoven bis Herzbuben), soll aber, nach Wunsch eines der Hauptnutzer, in Zukunft nur noch dem einen hehren Zwecke der E-Unterhaltung dienen.

Die Dresdner Philharmoniker wünschen sich eine bessere Akustik, der Stadtrat wollte das ebenfalls, der Architekt Wolfgang Hänsch wehrte sich vor Gericht; gegen die Entkernung und Monofunktionalisierung. Die bereits das weitere Umfeld des Palastes, insbesondere die Prager Straße erlitten hat und weiter erleidet. Das Landgericht Leipzig hat nun einen Gutachter vorgesehen, den die Bundesarchitektenkammer bestellen soll. Der soll prüfen, ob man dem Architekten eine gewisse „Schöpfungshöhe“ zuerkennen können, aus welcher Urheberrechtsanspruch erwüchse. Damit wäre der Umbau des Denkmals gescheitert, mit dessen Planung und Ausführung die Hamburger gmp beauftragt wurden. Geschätzte Umbaukosten: 100 Mio. €, ohne dass hierbei Ausgleichsflächen eingeschlossen worden wären (umgebaute Messehalle). Mit dem Umbau würde sich auch die Kapazität des Hauptsaales von 2400 auf 1800 Zuhörer verringern. Was zu höheren Eintrittspreisen führt oder einer erhöhten Subventionierung der E-Unterhaltung. Quo vadis, Dresden?!

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