Nicht alle Wege führen zum Ziel
Undichtigkeiten bei einem Flachdach

Zusammenfassung

Bei einem Flachdach waren an diversen Stellen in unterschiedlichem Maße Undichtigkeiten vorhanden. Zur Feststellung der Schadensursache waren bereits ohne Erfolg verschiedene Prüfungen vorgenommen worden. Ebenso waren bereits ohne Erfolg – und ohne Kenntnis der Schadensursache – Nacharbeiten durchgeführt worden.

Im Rahmen der eigenen Begutachtung erfolgte zunächst eine sorgfältige Schadenskartierung. Diese stellte hier – wie auch in vielen vergleichbaren Fällen – zusammen mit punktuellen Untersuchungen bereits den Schlüssel zum Erfolg dar. So konnten mit vergleichsweise geringem Aufwand die Dachabläufe als schadensursächlich bewertet werden.

Sachverhalt

Bei einem etwa zehn Jahre alten gewerblich genutzten Gebäude waren wiederholt Wassereintritte in die unter dem Flachdach befindlichen Räume vorgekommen. Auf der Dachfläche waren bereits Instandsetzungsversuche vorgenommen worden. Zur Lokalisierung möglicher Schadensstellen in der Dachabdichtung waren eine elektrische Leckortung sowie zwei Wasserprüfungen durchgeführt worden – ohne Erfolg.

Der Betreiber stand mittlerweile unter erheblichem Handlungsdruck; durch die Wassereintritte waren insbesondere auch die Räume der Geschäftsführung des Mieters betroffen. Es wurde überlegt, die Abdichtung nach nur zehn Jahren komplett zu erneuern. Unter diesen Vorzeichen sollte nun im Rahmen einer Begutachtung ein letzter Versuch unternommen werden, mögliche Schadensstellen einzugrenzen.

Feststellungen

Vor Ort wurden zunächst sämtliche Schadensstellen im Gebäude untersucht und in einem Grundriss kartiert. Die Lage dieser Stellen war nicht willkürlich verteilt, sondern sie folgte in Grundzügen einem Raster, wobei praktisch alle Bereiche des Grundrisses betroffen waren. Die eingetretenen Wassermengen waren nach Auskunft der Nutzer sehr unterschiedlich. An mehreren Stellen waren Trichter mit Schläuchen zum Auffangen des eingedrungenen Wassers installiert (Bild 1). An weiteren Stellen wurden braune Verfärbungen an der Unterdecke festgestellt, die auf Feuchtigkeit hindeuteten (Bild 2). Auch an einzelnen Wänden befanden sich abgetrocknete Feuchtespuren.

Durch den Betreiber wurde erläutert, dass die im Vorfeld bereits durchgeführten Wasserprüfungen widersprüchliche Ergebnisse geliefert hätten. So seien unterschiedliche Teilflächen des Daches wiederholt geflutet worden. Dabei sei es vorgekommen, dass die erste vorgenommene Flutung zu einem massiven Wassereintritt in das Gebäude geführt habe. Bei einer weiteren Flutung der weitgehend gleichen Fläche sei dann kein Wasser in das Gebäude eingedrungen. Niederschläge hätten in der Folgezeit jedoch wieder einen Wassereintritt an bereits bekannten Stellen zur Folge gehabt.

Die Dachfläche war extensiv begrünt. Die Oberfläche wies ein geringes Gefälle zu Kehlen auf, im Bereich derer sich Abläufe befanden. An mehreren Stellen wurde die extensive Begrünung kleinflächig entfernt und die Dachabdichtung aus Kunststoffbahnen freigelegt (Bild 3). Daraufhin wurde bei diesen Stellen ohne zerstörende Prüfung der Dachabdichtung mittels eines kapazitiven Messverfahrens ermittelt, inwieweit sich Feuchtigkeit unter der Dachabdichtung befand. Diese Methodik hat sich nach eigener Erfahrung bei Kunststoffbahnen bewährt; sie liefert bei ausreichender Dämmstoffdicke auch dann verwertbare Ergebnisse, wenn sich – wie hier – unterhalb der Dämmung Stahl-Trapezprofile befinden. Die Anzahl und Lage der Untersuchungsstellen wurden unter Berücksichtigung der Lage der Schadensstellen im Dachgeschoss festgelegt.

An wenigen Stellen fand zusätzlich eine zerstörende Prüfung zur Kalibrierung bzw. Bestätigung der zerstörungsfreien Messungen statt. Zudem wurden bei den zerstörend geprüften Stellen Feststellungen zum Dachaufbau gewonnen. Die Ausführung der Dachabdichtung bei Anschlüssen und Durchdringungen wurde weitgehend zerstörungsfrei begutachtet.

Die zerstörungsfreien Feuchtemessungen ergaben tendenziell bei den untersuchten Stellen im Bereich der Kehlen eine erhöhte Feuchtigkeit unter der Dachabdichtung. Im Bereich der Hochpunkte sowie sonstiger Flächen war hingegen keine messbare Feuchtigkeit direkt unterhalb der Dachabdichtung vorhanden. Die Lage der Kehlen korrespondierte etwa mit der Lage der Schadensstellen im Gebäude.

Aufgrund der Messergebnisse sowie der Lage der Schadensstellen im Gebäude erfolgten die wenigen zerstörenden Prüfungen insbesondere im Bereich der Kehlen und dort wiederum nahe den Dachabläufen. Bei diesen Untersuchungsstellen wurde jeweils die Dachabdichtung aufgeschnitten und die Dämmung bereichsweise entfernt, so dass die Dampfsperre bzw. die Dachdecke aus Trapezprofilen sichtbar waren. Es wurde der folgende Dachaufbau vorgefunden:

– extensive Begrünung auf einer Substrat- schicht

– Polystyrol Drän- und Speicherelemente

– Vlies

– einlagige Dachabdichtung aus Kunststoff- bahnen

– Polystyrol-Dämmung

– PE-Folie als Dampfsperre

– Trapezprofil-Dachdecke

Bei einer Untersuchungsstelle im Bereich
einer Kehle war die Dachabdichtung unter­seitig fühlbar feucht. Auf der Dampfsperre (PE-Folie) wurde nach dem Entfernen der Wärmedämmung ein Wasserfilm vorgefunden (Bild 4). Die Dampfsperre wurde partiell eingeschnitten, so dass das darunter befindliche Trapezprofil eingesehen werden konnte. In dem dortigen Untergurt des Trapezprofils befand sich Wasser; der Wasserstand betrug etwa 1 cm (Bild 5). Die Spannrichtung des Trapezprofils verlief parallel zur Kehle der Dachneigung.

An zwei weiteren Stellen dicht bei Dachabläufen war die Unterseite der Dachabdichtung wiederum fühlbar feucht. Auf der PEFolie wurde reichlich Wasser vorgefunden (Bild 6); wegen des Gewichts des Wassers hatte sich die Folie der Form des Trapezprofils angenähert. Zwischen den Obergurten betrug der Wasserstand bis zu 4,5 cm (Bild 7). Aufgrund des Wassers wurde auf eine weitere zerstörende Prüfung verzichtet. Es konnte beobachtet werden, wie von der Unterseite der hier transparenten PE-Folie Wassertropfen auf das Trapezprofil abtropften.

Die Dachabläufe der Druckentwässerung waren jeweils mit einem Laubfang versehen und elektrisch beheizbar. Im Bereich der Anschlüsse an die Dachabdichtung waren bei einigen Abläufen Nacharbeiten mit einer Flüssigabdichtung vorgenommen worden (Bild 8). Bei einem derartigen Dachablauf ergab eine zerstörende Prüfung, dass die Dachabdichtung bei dieser Stelle unterseitig feucht war (Bild 9). Das am Ablauftopf befindliche Rohrstück war nur in geringem Maße in den in der Ebene der Trapezprofile befindlichen Grundkörper des Ablaufs eingesteckt; die Verbindung zum Grundkörper konnte leicht gelöst werden.

Auf der Dachfläche befanden sich in vergleichsweise geringem Umfang haustechnische Anlagen. Die Ausführung der Abdichtung wurde dort – ebenso wie bei weiteren An- und Abschlüssen – stichpunktartig zer­störungsfrei überprüft. Es ergaben sich dabei keine Hinweise auf vorhandene Undichtigkeiten.

Bewertung

Sämtliche Schadensorte im Gebäude befanden sich etwa unterhalb der Kehlen im Bereich der Dachfläche. Da die Dämmung bei den Untersuchungsstellen jeweils die gleiche Dicke aufwies, besteht das Gefälle der Dachfläche in der Ebene der Trapezprofile. Die Spannrichtung der Trapezprofile war bei den zugänglichen Stellen jeweils parallel zur Kehle der Dachfläche. Insofern ist es aufgrund der Rippen der Trapezprofile ausgeschlossen, dass sich Wasser auf den Trapezprofilen dem Gefälle der Dachneigung folgend über größere Strecken weiterverteilt hat.

Da die Dampfsperre sich der Form der Trapezprofile leicht anpasst (vgl. Bild 7), ist auch eine dem Gefälle folgende Weiterverteilung größerer Wassermengen auf der Dampfsperre als unwahrscheinlich anzusehen. Diese Bewertung deckt sich mit den Ergebnissen der zerstörungsfreien Feuchtemessungen, die ausschließlich im Bereich der Kehlen Hinweise auf eine erhöhte Feuchtigkeit unter der Dachabdichtung ergeben haben.

Die vorstehenden Bewertungen führen zu dem Schluss, dass das im Bereich der Kehlen bei den Untergurten der Trapezprofile sowie auf der Dampfsperre festgestellte Wasser auch dort unter die Dachabdichtung gelangt sein muss. Damit ist bereits eine Eingrenzung möglicher Schadensstellen auf die Bereiche der Kehlen erfolgt.

Neben den bei den Kehlen befindlichen Dachabläufen kamen als mögliche Leckagestellen im Wesentlichen die Anschlüsse der Abdichtung an die dort befindlichen haustechnischen Anlagen sowie mögliche mechanische Beschädigungen in der Dachabdichtung in Frage. Die getroffenen Feststellungen mit Schadensorten in praktisch allen Bereichen der Dachfläche deuten jedoch auf einen systematischen Fehler hin. Bei den Anschlüssen der Abdichtung an haustechnische Anlagen wurden keine Hinweise auf eindringende Feuchtigkeit vorgefunden. Insofern verbleibt ein Wassereintritt bei den Dachabläufen als Schadensursache. Dies ist für den zerstörend überprüften Ablauf auch plausibel, da sich der Ablauftopf dort vergleichsweise leicht vom Grundkörper lösen ließ.

Die Verteilung der Schadensstellen im
Gebäude näherungsweise in einem Raster stimmte weitgehend mit der einem Raster folgenden Lage der Dachabläufe überein. ­Abweichungen der Schadensstellen von diesem Raster begründen sich damit, dass das in die Dachkonstruktion eingedrungene Wasser sich auf der Dampfsperre sowie im Bereich der Untergurte der Trapezprofile zunächst weiterverteilen kann, bevor es bei Stößen nach unten abfließt.

Die vorgenommene Bewertung erklärt auch die Ergebnisse der zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommenen – und letztlich erfolglosen – Wasserprüfungen. Bei diesen Prüfungen waren die eigentlich schadensursächlichen Dachabläufe provisorisch abgedichtet bzw. mit einer umlaufenden Sperre versehen worden. Die Schadensstellen wurden durch die Prüfungen somit nicht erfasst. Bei der ersten Flutung ergaben sich allerdings aufgrund der Masse des Wassers Verformungen der Trapezprofile bzw. der Unterkonstruktion, so dass dort bereits im Dachaufbau befindliches Wasser nach innen abfließen konnte.

Bei dem während der Flutung in das Gebäude eingedrungenen Wasser hat es sich demnach nicht um angestautes Wasser von der Dachfläche, sondern um bereits im Dachaufbau befindliches Wasser gehandelt. Bei der zweiten Flutung befand sich dann nicht mehr genügend Wasser im Dachaufbau, so dass es zu keinem Wassereintritt in das Gebäude kam.

Dieses Schadensbeispiel verdeutlicht, dass eine individuelle Abstimmung der Vorgehensweise auf den konkreten Schadensfall erforderlich ist. Hier hat bereits die Schadenskartierung auf einen systematischen Fehler im Bereich der Dachabläufe bzw. der Kehlen hingedeutet. Die auf der Dachfläche zerstörungsfrei gewonnenen Erkenntnisse haben dies bekräftigt. Mit einem vergleichsweise sehr geringen Untersuchungsaufwand waren hier demnach bereits die wesentlichen Schlussfolgerungen möglich. Die zerstörenden Untersuchungen dienten dann im Wesentlichen zu deren Absicherung bzw. Bestätigung.

Instandsetzung

Um weitere Feuchteschäden im Gebäude zu vermeiden, war es zunächst erforderlich, das im Dachaufbau befindliche flüssige Wasser abzuführen. Dies erfolgte hier aufgrund der Raumnutzungen und der vorhandenen Unterdecke am zweckmäßigsten von der Dachfläche aus. Der Dachaufbau wurde dazu in ­regelmäßigen Abständen streifenweise geöffnet. Die Öffnungsbereiche verliefen quer zur Kehle, so dass die Untergurte der Trapezprofile beidseits der Kehle überprüft werden konnten.

In einem weiteren Schritt wurde die Ursache des Wassereintritts beseitigt. Hierzu erfolgte eine Überprüfung und Überarbeitung der Dachabläufe. Die vorgenommenen Maßnahmen haben letztlich zum Erfolg geführt.

Literatur
[1] DIN EN 12056-3:2001-01: „Schwerkraftentwässe- rungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Dach entwässerung, Planung und Bemessung“
[2] DIN 1986-100:2008-05: „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“

Schon gewusst?

Eine Druckentwässerung unterscheidet sich von der Freispiegelentwässerung im Wesentlichen dadurch, dass die Rohrleitungen planmäßig vollgefüllt betrieben werden. Aufgrund der Höhendifferenz zwischen Dachablauf und Übergang in die Freispiegelentwässerung ergibt sich dann ein Unterdruck im System, der eine deutlich erhöhte Fließgeschwindigkeit und Abflussleistung bewirkt. Somit erfordern Druckentwässerungen nur vergleichsweise kleine Leitungsdurchmesser und es können unterhalb der Dachdecke gefällelose Sammelleitungen verlegt werden, die in eine gemeinsame Fallleitung münden. Regelungen zur Planung und Bemessung sind in [1] und [2] enthalten.

Quintessenz

– Am Anfang sollte eine sorgfältige

Schadenskartierung stehen.
– Basierend auf der Erfassung der

Schadensbilder erfordert jede Auf- gabenstellung ein abgestimmtes Unter- suchungskonzept.
– Die Vornahme von Prüfungen ohne Kenntnis der Konstruktion kann leicht

zu Fehlinterpretationen führen.

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