Möglichkeiten und Vorteile der monolithischen Bauweise für den mehrgeschossigen Wohnungsbau

Städte zählen seit etlichen Jahren wieder zum bevorzugten Wohn- und Lebensraum. Daraus ergeben sich große Aufgaben für die Stadtplanung und -entwicklung. Urbane Zentren verursachen circa 85 % des globalen Ausstoßes an Treibhausgasen und verbrauchen ca. 80 % der weltweit erzeugten Energie. Gleichzeitig weisen sie einen hohen Grad an Bodenversiegelung und Land­schafts­­zer­siedelung auf. Diese vielfältigen Heraus­for­de­run­gen sind zugleich Chancen für innovative und nachhaltige Lö­sungen in allen Bereichen, nicht zuletzt auch im Woh­nungs­bau.

In Städten hat sicherlich eine flächen- und ressour­cen­scho­nen­de Bauweise, die sich in das vorhandene Stadtbild ein­passt, Priorität. Gleichzeitig muss sie alle Anforderungen an das moderne Wohnen erfüllen und Basis für nachfolgende Generationen sein. Hier bietet die monolithische Bauweise mit Mauerwerk aus Porenbeton bautechnisch, bau­phy­sika-lisch aber auch gestalterisch interessante Lösungs­an­sät­ze.

Einer der größten Vorteile des langlebigen Mauer­werks­bau­stoffs Porenbeton sind seine sehr guten Wärme­dämm­eigenschaften. Sie ermöglichen nicht nur den Wärmeschutz entsprechend den Vorgaben der aktuellen EnEV, sondern auch deutlich darüber hinaus. Ein zu­sätz­liches Dämmsystem ist hier nicht nötig. Zudem ist Porenbeton nichtbrennbar und liefert damit einen optimalen baulichen Brandschutz. Denn im Brandfall wird die Ausbreitung behindert und selbst bei großer Hitzeeinwirkung werden keine schädlichen Inhaltsstoffe freigesetzt. Dank der gleichmäßigen Verteilung der Luftporen hat Porenbeton dabei einen besseren Schallschutz als Mauer­werks­bau­stof­fe gleicher Rohdichte.

Aufgrund des geringen Eigengewichts, der hohen Maß­haltigkeit und der leichten Verarbeitung – vor allem auch gro­ßer Steinformate – lässt sich die Bauzeit mit Porenbeton er­heb­lich verkürzen. Bei einer weiter gefassten Betrachtung der Baukosten inklusive der Nachhaltigkeit weist der Mauer­werks­bau gegenüber anderen Konstruktionen deut­liche Vor­teile auf, wie aktuelle Studien, z. B. die Untersuchung der Ar­beits­gemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. in Kiel, be­le­gen.

Porenbeton – Baustoff nach Norm

Dank modernster Fertigung entsprechen nahezu alle heute am Markt erhältlichen Produkt-
güten von Porenbeton der Herstellungsnorm DIN EN 771-4 in Verbindung mit DIN 20000-404. Gesonderte bauaufsichtliche Zulassungen des Deutschen Instituts für Bautechnik Berlin (DIBt) oder entsprechende Herstellererklärungen werden nicht bzw. nur in Einzelfällen be­nötigt. Für die Konstruktion, Bemessung und Ausführung ein erheblicher Vorteil, müssen doch keine zusätzlichen Kennwerte und Ausführungs­vor­schrif­ten ermittelt, beachtet und doku­men­tiert werden. In der Regel gilt für Mauerwerk mit Porenbeton die DIN EN 1996 „Bemes­sung und Konstruktion von Mauerwerksbauten“, insbesondere Teil 2 „Planung, Auswahl der Baustoffe und Ausführung von Mauerwerk“ sowie die Nationalen Anhänge (NA) der Norm.

Um eine schnelle und effiziente Nachweisführung bei der Planung von Mauerwerksbauteilen aus Porenbeton zu er­mög­lichen, wurden im Auftrag des Bundesverbandes Poren­beton „Tragfähigkeitstafeln für die Bemessung von Außen- und Innenwänden aus Porenbetonsteinen der Stein­druck­fes­tig­keitsklassen 2 bis 8 nach dem vereinfachten Nach­weis­ver­fahren der DIN EN 1996-3/NA“ von Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Carl-Alexander Graubner, TU Darmstadt, er­stellt. In den Tafeln werden auf Grundlage des vereinfachten Nach­weis­ver­fahrens ermittelte Tragfähigkeitswerte für zwei­seitig ge­hal­tene Mauerwerkswände aus Porenbeton (t = 11,5; 15,0; 17,5; 20,0; 24,0; 30,0; 36,5; 42,5; 48,0 cm) angegeben. Die maßgebende Nachweisstelle kann an Wandkopf, Wandmitte oder Wandfuß vorliegen. In den Tafeln wird die Wandtragfähigkeit nRd am Wandkopf angegeben. Zur einfachen Beurteilung der Nachweisstellen Wandhöhenmitte und Wandfuß wurde das Eigengewicht der Wand vom Bemessungswert der Wandtragfähigkeit bereits subtrahier.

Am Markt werden für jede Steindruckfestigkeitsklasse verschiedene Rohdichteklassen angeboten. Aus diesem Grund wird – um sicher zu gehen – jeweils pro Stein­druck­fes­tig­keits­klasse die größte vorhandene Roh­dichteklasse verwendet und die entsprechende Wichte des Mauerwerks nach DIN EN 1991-1-1/NA angesetzt. Für das Eigengewicht wird ein Teilsicherheitsbeiwert von γG = 1,35 berücksichtigt (Abb. 2 und 3).

 

Massiv Energie sparen

Das Besondere an Porenbeton ist seine homogene Mate­rial­struktur mit einem Luftvolumenanteil von 80 %. Der mas­sive Baustoff ermöglicht damit hervorragende Wär­me­dämmwerte ohne zusätzliche Dämmmaßnahmen. Und das bei gleichzeitiger vergleichsweise hoher Tragfähigkeit. Wän­de und Pfeiler aus Porenbeton sind Bauteile mit drei­di­men­sionalem Wärmeschutz. Im Gegensatz zu anderen Mau­er­steinen ist bei Porenbeton die Wärmedämmung in alle Rich­tungen wirksam. Damit wird die Planung und Ausführung wär­mebrückenrelevanter Details erheblich einfacher und kostengünstiger.

Zusätzliche und teure Wärmedämmsteine oder Wärmedämmelemente, z. B. am Wandfuß oder Wand­kopf, sind nicht erforderlich. Auch entstehen aufgrund des ge­schlossenen Porengefüges keine un­kon­trollierten Luft­strö­me wie ggf. bei Steinen mit durchgehender wärme­tech­nisch opti­mier­ter Lochung. Damit lässt sich das Risiko von Schäden durch Tauwasserbildung und/oder der Ent­stehung unplanmäßiger Wärmebrücken bei Mauerwerk aus Porenbeton sicher vermeiden (siehe Wärmebrückenkatalog, Download unter: www.bv-porenbeton.de).

Monolithische Außenwände aus Porenbeton erfüllen deutlich mehr als die in 2016 verschärften Anforderungen der EnEV 2014. Entsprechende Konstruktionen mit niedrigen U-Wer­ten und ohne zusätzliche Dämmung sind bereits ab einer Wand­stärke von 36,5 cm möglich. Sie ermöglichen energetisch sichere und zukunftsorientierte Lösungen für den mehr­ge­schossigen Woh­nungsbau (Abb. 4).

 

Inklusive Brandschutz

Wohngebäude in Massivbauweise bieten in hohem Maße Sicherheit und Schutz. Grundlage hierfür sind nachweisbare Material­eigen­schaften der eingesetzten Baustoffe. Im Sinne des vorbeugenden baulichen Brandschutzes sollen Bauwerke so beschaffen sein, dass sie der Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch entgegenwirken. Zugleich müssen die bei einem Brand notwendigen Löscharbeiten sowie die Rettung von Menschen und Tieren möglich sein.

Porenbeton ist nicht brennbar und gehört nach europäischer Klassifizierung zur Kategorie A1. Er zählt zu den geprüften sowie klassifizierten Baustoffen und Bauteilen nach DIN EN 1996-1-2/NA und DIN 4102-4. Mit Porenbeton lassen sich deshalb sowohl tragende und nichttragende als auch raumabschließen­de und nichtraumabschließende Wände erstellen. Abhängig von den jeweiligen Wanddicken sind Porenbetonwände bis zur Feuerwiderstandsklasse F180-A klassifiziert. Bereits nichttragende Wände aus Porenbeton ab einer Wandstärke von 7,5 cm erfüllen die Anforderungen zur Einstufung in die Feuerwiderstandsklasse F90-A (Abb.5).

Schallschutz

Bei der Planung von Mehrfamilienhäusern liegt mit Blick auf den Schallschutz das Augenmerk besonders auf dem Schutz vor Außenlärm und dem Schallschutz zwischen be­nach­bar­ten und übereinanderliegenden Wohnungen. Innerhalb eines Wohnbereichs sieht die DIN 4109 keine speziellen An­for­derungen an den Schallschutz vor, jedoch gelten auch hier die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Porenbeton ist für die Errichtung tragender und nichttragender Trenn­wän­de innerhalb einer Wohneinheit bzw. eines Wohn­be­reichs ideal geeignet.

Massive Außenwände aus Porenbeton ermöglichen ab­hän­gig vom Fensterflächenanteil in der Regel einen guten Schutz gegen Außenlärm. Aufgrund der homogenen Poren­struktur des Materials weist Porenbeton gegenüber anderen wärmedämmenden Mauersteinen bei gleichem Raum­gewicht bessere Schallschutzeigenschaften auf.

Für Wohnungstrennwände sind bauordnungsrechtlich Schall­­dämmmaße ≥ 53 dB gefordert. In einschaliger Aus­führung kann dies mit Porenbeton nicht realisiert werden. Als ein­fachste und wirtschaftlichste Ausführung ist hier Kalk­sand­stein der Rohdichteklassen 2,0 oder 2,2 an­zusehen (Abb. 6).

 

Bewährte Kombination

Gerade im mehrgeschossigen Wohnungsbau hat sich die funktionale Synergie von Porenbeton und Kalksandstein bestens bewährt. Die „weißen“ Wandbaustoffe ergänzen sich optimal und weisen nahezu gleiche Ver­for­mungs­kenn­werte auf. Gründe hierfür sind die gemeinsame Roh­stoffbasis sowie die ähnlichen Produktionsprozesse. Kon­struktiv steht damit eine breite Produktpalette mit Steinrohdichteklassen von 0,35 – 2,2 und Steinfestigkeitsklassen von 2 – 28 zur Verfügung. Vom Keller bis zum Dach können mit Porenbeton alle bau­technischen Anforderungen an hochwärmedämmende Au­ßen­wände ohne Zusatzdämmung und „leichte“ innere Trenn­wände erfüllt werden. Innenwände aus Kalksandstein mit höchster Tragfähigkeit sorgen ergänzend für den er­for­der­lichen Schallschutz sowie eine energetisch günstige hohe Spei­­chermasse. Beide Baustoffe weisen her­vor­ra­gen­de Brand­­schutzeigenschaften auf und sorgen im Mehr­ge­schoss­­­wohnungsbau für maximale Sicherheit.

Gesund wohnen

Raumlufttemperatur und die Raumluftfeuchte haben we­sent­lichen Einfluss auf ein gesundes Raumklima und die Be­hag­lich­keit. Insbesondere die raumseitigen Ober­flä­chen­tem­pe­ra­turen der Außenbauteile spielen hierbei eine große Rolle. Die sehr gute Wärmedämmwirkung von Porenbeton be­wirkt, dass die Temperaturen der Bau­teil­ober­flächen nur gering unter den Lufttemperaturen der Innen­räume liegen. Hier­durch wird nicht nur das Gefühl von Zug­lufterscheinungen in Nä­he der Außenwände vermieden, son­dern auch die Gefahr von Schimmelbildung wirksam ge­mindert. Da keine großen Tem­­pera­tur­un­ter­schie­de aus­ge­gli­chen werden müssen, kann die Raumtemperatur um 1 – 2 K gesenkt und damit der Heizenergiebedarf um etwa 5 – 8 % reduziert werden.

In eingebautem Zustand gibt Porenbeton keine staub-, faser- oder gasförmigen Schadstoffe an die Raumluft ab. Selbst im Falle eines Brandes entstehen keine toxischen Gase oder Dämpfe. Darüber hinaus beträgt die Abschirmwirkung ge­gen­über hochfrequenter Strahlung mehr als 99 %.

Ökologie und Nachhaltigkeit

Neben der Herstellung und der Nutzungsphase umfasst die Betrachtung der Umweltverträglichkeit von Bauprodukten auch den Rückbau, das Recycling sowie die Deponierung der Materialien.

Bei der Herstellung von Porenbeton werden aus 1 m³ fester Rohstoffe 5 m³ Material. Zudem wird im Vergleich zu an­de­ren Wandbaustoffen für den Produktionsprozess deutlich we­­niger Energie benötigt. Dafür sorgen mo­dernste Fer­ti­gungs­­techniken, ein geschlossener Produktionskreislauf so­wie die energiesparende Wasserdampfhärtung. Die Lebens- und Nutzungsdauer des mineralischen Baustoffs Poren­be­ton ist nahezu unbegrenzt.

Werden Gebäude oder Bauteile aus Porenbeton abgerissen oder zurückgebaut, so ist dies gesundheitlich unbedenklich. Ent­ste­hender Staub enthält weder lungengängige Fasern noch Schadstoffe. Abbruchmaterialien aus Porenbeton können grundsätzlich wiederaufbereitet, der Produktion zu­ge­führt oder anderweitig einsetzt werden. Granulate aus Porenbeton kommen z. B. als Wärme­dämm­schüttung oder als Substrate für Gründächer- und -flächen zum Einsatz. Da­rü­ber hinaus ist eine Deponiefähigkeit für Poren­beton­bau­schutt gemäß TA Siedlungsabfall, Deponieklasse I ge­währ­leistet.

Fazit

Um die steigende Nachfrage nach Wohnraum in den deutschen Metropolen zu decken, müssen in den kom­men­den Jahren mind. 350 000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Allein durch die Aufstockung von Wohn­häu­sern könnten ca. 1 Mio. neue Wohnungen entstehen. Und das ganz ohne die Erschließung neuen Baulands und ohne zusätzliche Versiegelung von Flächen. Ein Großteil der neuen Wohnun­gen ließe sich über vor­han­de­ne Haustechnik versorgen. Zusätzliche neue Infrastruktur wie Straßen oder Kanal- und Versorgungsleitun­gen werden ebenfalls nicht benötigt.

Für die Aufstockung von Bestandsbauten ist Porenbeton der ideale Baustoff. Denn eine der größten Herausforderungen bei Aufstockungen stellt die Begrenzung der Lasteinträge in die bestehende Konstruktion dar. Das vergleichsweise geringe Flächengewicht von Porenbeton ermöglicht hier eine große Gestaltungsfreiheit und Flexibilität. Details und Anschlüsse lassen sich einfach herstellen, da der Baustoff leicht und schnell zu bearbeiten und anzupassen ist. Exzellente Wärmedämmeigenschaften und die homogene Materialstruktur gewährleisten eine hohe Energieeffizienz und Dichtheit der Außenwände. Nicht zuletzt spielt Brandschutz im Bereich von Gebäudeaufstockungen eine große Rolle. Auch hier punktet Porenbeton mit seinen spezifischen Eigenschaften und Feuer­wider­stands­klas­si­fi­zie­run­gen.

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