Kann WDVS umweltfreundlich sein?
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In einer vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Untersuchung beschäftigt sich das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP aktuell mit dem Einsatz von Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS). Die Forscher evaluieren dabei die Einsatzmöglichkeiten biozidfreier Komponenten und Beschichtungen. Mit Blick auf die schon vorgenommenen wärmetechnischen Sanierungen und die noch ausstehenden ist diese Forschungsarbeit dringend erforderlich. Konkret rechnet man in den nächsten 20 Jahren bei fast der Hälfte aller deutschen Wohnhäuser mit energetischem Sanierungsbedarf. Bei einem Bestand von rund 40,2 Mio. Wohnungen entspräche das 1 Mio. zu sanierender Gebäude pro Jahr. Diese Immobilien werden höchstwahrscheinlich der Logik der aktuellen Sanierungsstrategien und Fördervoraussetzungen folgend, mit einer nachträglichen (Aufwand)Dämmung (WDVS) verpackt werden. Die Zahlen sind deutlich: In der Bilanz für das Jahr 2011 weist der Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme einen Absatz von 37 Mio. m² verbauter WDVS für seine Mitglieder aus.

Mancher spricht angesichts dieser Zahlen von deutscher Dämmwut, die man auch Eifer nennen kann. Dass dieser Dämmeifer neben vielen weiteren insbesondere den Nebeneffekt hat, dass sich auf der Außenfläche von außengedämmten Gebäuden Tauwasser bildet, ist lange bekannt, hindert aber niemanden am Weitermachen. Die vermehrte Feuchte führt zu Verfärbungen (Algen beispielsweise). Das sei, so der Leiter der Arbeitsgruppe Biologie am Fraunhofer IBP, Dr. Wolfgang Hofbauer, zumindest „optisch unschön.“

Weniger schön ist nun die Reaktion der Industrie, die, um den Bewuchs mit Algen oder Pilzen zu verzögern, Kunstharzputze und Dispersionsfarben für Fassaden meist mit bio­ziden Wirkstoffen versetzt. Die können, wer hätte es gedacht, durch ablaufen­des Regenwasser von der Fassadenoberfläche in die Umwelt, in unser Essen beispiels­weise gelangen.

Anstatt nun, im Auftrage eines Umwelt­ministeriums, Alternativen zur WDVS-Sanie­rung zu suchen, konzentrieren sich die Wissenschaftler auf den Einfluss der einzelnen Parameter, die Algen- oder Pilzbewuchs fördern. Womit klar ist, dass hier am Symptom operiert wird. Immerhin, die angestrebte Marktanalyse und die Ermittlung der Rahmenbedingungen, unter denen kein Bewuchs auftritt, sowie der Blick darauf, welche Arten und Ausführungen von WDVS-Anwendungen es deutschlandweit gibt, könnte dazu führen, bei kühler Nutzen- und Schadensabwägung inklusive gesamtwirtschaftlichem Benchmarking die Verpackungsorgien zu bremsen, an Rückbaustrategien zu arbeiten, an neuen
Recyclingverfahren, an kluger Gebäudeklimatisierung etc. etc. Lang lebe das WDVS?! Leider nicht. Be. K.

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