Iterativer Prozess
Vodafone Campus Düsseldorf

„Arbeitsplätze der Zukunft“ sollten auf dem LEED Gold zertifizierten Vodafone Campus Düsseldorf entstehen – doch was bedeutet es eine Arbeitsumgebung zukunftsfähig auszurichten? Vodafone hat die Zukunft so definiert: maximale Flexibilität für Mitarbeiter durch eine neue Unternehmenskultur! Konkret bedeutet das für die etwa 5 000 Mitarbeiter am Vodafone Campus flexi­blere Arbeitsorte und -zeiten. Doch insbesondere hieß es für Vodafone frühzeitig die Mitarbeiter in die Planung einzubinden, um eine breite Akzeptanz der Umstrukturierung im Unternehmen zu fördern.

Die städtebauliche Neuordnung des Gebiets um den Ferdinand-Braun-Platz, das unter anderem die Bebauung des Areals einer ehemaligen Brauerei vorsah, gab die Parzellengröße vor. Angesichts der Größe des Grundstücks und aufgrund des städtebaulichen Wettbewerbs, der mehrere Investoren für das Gebiet festlegte, fand die Stadt Düsseldorf weder Bauherr noch Investor – bis Vodafone ankündigte am westlichen Rheinufer seine fünf Standorte in Düsseldorf zusammenzulegen. Die in der gesamten Stadt verteilten Abteilungen mit einer BGF bis dahin von knapp 125 000 m² konnten durch den Umzug auf etwa 85 000 m² reduziert werden. Das bedeutet effizienteres Flächenmanagement. Die höhere Auslastung der „kleineren“ Fläche beeinflusst wiederum die Betriebskosten positiv. „Die Betriebskosten konnten um 50 % gesenkt werden“, sagt Reiner Hessler, Project Manager Property bei Vodafone Deutschland.

HPP Architekten, die 2003 den Wettbewerb gewonnen hatten, verteilen die 85 000 m² auf vier Gebäude, die sich um einen dreiecksförmigen Platz gruppieren. Das 19-geschossige, ellipsenförmige Hochhaus, das den Eingang zum Campus markiert, ist weithin im Stadtraum sichtbar. Daran schließt sich ein sechs Geschosse hohes Gebäude an. Dessen gebogene Form nimmt den Verlauf der hinter dem Campus vorbeiführenden Bundesstraße auf und schirmt gleichzeitig den Verkehrslärm zum Campus-Platz ab. Zwei weitere Gebäuderiegel, mit je sechs und acht Etagen, fassen den Platz im Südwesten und Nordosten. Im spitzen Winkel zueinander angeordnet, verbindet sie am Scheitelpunkt ein Glasfoyer. Dahinter befindet sich einer der zwei betriebseigenen Kindergärten.

Treffpunkt

Der Platz ist von den Landschaftsarchitekten Club L 94 aus Köln gestaltet. Er ist öffentlich, mit einem Wegenetz durchzogen, das eine Verbindung zu dem im Nordosten angrenzenden Wohngebiet bildet. „Der Platz ist das Herzstück des Campus“, sagt Volker Weuthen, Gesellschafte bei HPP Architekten und projektverantwortlicher Architekt. Zu Recht! Vodafone hat flächendeckend auf dem Gelände WLAN eingerichtet, so dass Mitarbeiter sich mit ihren mobilen Endgeräten auf dem Campus frei bewegen können – Emails sind jederzeit abrufbar und das Internet überall verfügbar. Zusätzlich schaffen die Architekten mit den Nutzungen im Erdgeschoss einen belebten Platz. Die Mitarbeiter finden dort unter anderem die betriebseigene Kantine, die jedoch für jeden zugänglich ist. Des Weiteren sind dort ein Friseur ansässig, eine Reinigung, ein Fitnessstudio und kleine Cafés. Club L 94 haben mit dem Platz die Büro­räume in den Außenraum erweitert, indem sie unterschiedliche Zonen schaffen – gegliedert mit Unterständen, Parkbänken und Tischen. Von Bäumen und Buschwerk gesäumt treffen sich auf dem Platz Mitarbeiter zur Mittagspause oder auch zu informellen Besprechungen. Zu Betriebsfesten wird das Wasserbassin am Ende des Platzes trocken gelegt.

Veränderungsmanagement

Ende Dezember 2012 begann der Umzug auf den Campus. Im März 2013 waren die Umzugsarbeiten abgeschlossen. Zwei Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit hat Vodafone seitdem durchgeführt. „90 % der Mitarbeiter sind mit der Situation auf dem Campus zufrieden“, sagt Hessler. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass der Umzug und somit der Wandel der Unternehmenskultur lediglich eineinhalb Jahre zurückliegt. Wie erreicht man eine derlei hohe Zustimmung der Mitarbeiter? Durch die frühe Einbindung der Mitarbeiter in die bevorstehenden Veränderungen – Change-Management genannt – und ein verlässliches Projektteam.

Change-Management, Veränderungsma­­­nagement, um­fasst die Planung eines ganzheitlichen Arbeitskonzepts, das neue Strukturen, Strategien, Prozesse und Systeme in „alte“ Bereiche implementiert. Das Change-Mana­gement findet auf drei Ebenen statt: der Mikro-, Makro- und Metaebene. Vom Arbeitsplatz, dem Schreibtisch, über das Arbeitsumfeld, den Meeting Points, bis hin zur Arbeitswelt, dem Work-Life-Balance, berücksichtigt das Change-Management alle Facetten einer Arbeitsumgebung. Diesen Prozess begleitete das Quickborner Team von Anfang an. Die Unter­nehmens­berater für Büro- und Organi­sations­planung aus Hamburg berieten das Telekommunikationsunternehmen bei der Umsetzung ihrer Umstrukturierung. Mehr dazu lesen Sie in DBZ 10|2012.

Um eine frühzeitige Kommunikation mit den Mitarbeitern bemüht, empfahl das Quickborner Team Vodafone eine Musterfläche der zukünftigen Open-Space Büros einzurichten. Zunächst am Seestern, einem der ehemaligen Standorte, ab Sommer 2012 auf dem Campus wurde eine Musterfläche eingerichtet. Vodafone lud alle Mitarbeiter ein, das Konzept des Open-Space Büros anzuschauen und zu bewerten. „Das nahm den Mitarbeitern die Angst vor dem Unbekannten und der Vorstellung, nicht mehr ungestört im Büro arbeiten zu können“, sagt Hessler. Des Weiteren bot das Unternehmen Behaviour Change Workshops für die Mitarbeiter an, um den Büroalltag zu proben. Denn offene Bürostrukturen setzen auch eine größere Rücksichtsnahme und ein anderes Verhalten voraus. Auch Ablage, Archive, Druckersysteme etc. wurden erneuert. So gibt es beispielsweise keine Telefonanlage mehr. Alle Telekommunikation erledigen die Mitarbeiter über ihre Laptops mit Headsets. Das senkt den Lautstärkepegel im Open-Space Büro und macht Desk Sharing – nicht fest zugeordnete Arbeitsplätze – möglich.
Atmende Grundrisse

Um das Konzept auf die Fläche zu übertragen, ermittelte das Quickborner Team den Flächenbedarf der einzelnen Abteilungen und deren sinnvolle Zusammenlegung. Damit beantworteten das Quickborner Team die Fragen, welche Abteilungen arbeiten übergreifend mit anderen aus dem Unternehmen? Daraus ergab sich ein Flächenbelegungsplan auf den einzelnen Etagen – mit Größen ab 400 m² pro Fläche. In der Mitte angeordnete Aufzugskerne und schalldichte Think Tanks – Boxen aus Glas mit Sichtschutz für Personalgespräche oder kurze Besprechungen – gliedern die Open-Space Büros. Die Kuben verkleinern die offene Fläche; teilen sie auf, so dass allein der Blick an den eingestellten Boxen hängen bleibt und das Gefühl eines kleineren Raums dem Open-Space anhaftet. Akustisch wirksame Kühldecken, akustisch optimierte Möbel sowie Bilder mit akustisch wirksamen Stoffen minimieren die Schallausbreitung. Gegenüber den Aufzugskernen sind die Besprechungsräume angeordnet. Die räumliche Zuordnung soll die Büros vor hohen Frequentierungen schützen und damit Mitarbeiter vor zusätzlicher Lärmbelastung. Insgesamt sind 4 700 Schreibtische für etwa 5 000 Mitarbeiter verfügbar. Die Differenz kompensieren die unterschiedlichen Arbeitsmodelle – wie zum Beispiel Home Office. Das Gebäude ist selten komplett ausgelastet – die Belegung liegt bei etwa 60 %. „Atmende Grundrisse“, nennt Hessler das und meint damit, dass die verfügbare Fläche den Abteilungen erlaubt zeitweise zu expandieren oder zu schrumpfen.

Verbindende Elemente

Das verbindende Element der vier Bürogebäude ist, abgesehen vom Platz, ihr Erscheinungsbild. Weiße, feststehende Lamellen verhindern im Sommer einen zu hohen Wärmeeintrag und behalten im Winter die Wärme im Gebäude. Um das zu erreichen, haben die Architekten aufgrund des veränderten Sonnenstandes die Lamellen je nach Himmelsrichtung in unterschiedlichen Neigungen entworfen – im Norden steiler, im Süden flacher – für das Auge kaum wahrnehmbar. Sieben Fassadenvarianten schlugen die Architekten dem Bauherrn vor. In einer nahe gelegenen Fabrikhalle fertigten sie ein Mock-up der Alu-Glasfassade. Das Fassadenraster von 1,25 bis 1,35 m ist so gewählt, dass ein flexibler Innenausbau möglich ist, den ebenfalls HPP verantworteten. Dass der Investor Zech-Gruppe, der den Investorenwettbewerb 2010 gewann, wiederum HPP mit der Ausführungsplanung beauftragte, empfindet Volker Weuthen als großen Glücksfall: „Alles andere hätte einen enormen Wissensverlust bedeutet.“ Denn oftmals würden für die Ausführung andere Architekturbüros beauftragt als die Entwurfsarchitekten. HPP Architekten waren in allen Leistungsphasen Teil des Teams. auch das Qucikborner Team war von Anfang an dabei. Dieser ununterbrochene Austausch aller an der Planung Beteiligten und die stete Kommunikation mit den Mitarbeitern trugen zum Erfolg des Projekts bei. S.C.

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