Haus der Spione oder: „Kleihues + Kleihues: BND. Die Zentrale“

Am Ende war es dann doch nicht so dramatisch. Zunächst hieß es doch, Journalisten dürften nur Bleistift und Papier bei sich tragen, sämtliches elektronisches Equipment müsse draussen bleiben. Doch dann hieß es am Torhaus Nord der neuen BND-Zentrale, Chausseestraße 97, 10115 Berlin, man solle erst mal alles ausschalten, mitnehmen sei aber erlaubt. Schade eigentlich solche Normalität im Haus der Spione.

Drinnen, nach Passieren der engen Sicherheitsglasdrehtür, wurde alles wieder eingeschaltet, fotografieren, ja sogar Filmen war erlaubt im Konferenzbereich des BND. Dieser, ein zum Zugang querrecht-eckiger Raum mit Regiekasten zwischen zwei Dolmetscherkabinen über den Zugängen, öffnet sich links und rechts in enge, begrünte Innenhöfe. Der Raum liegt im Erdgeschoss, dass beim Neubau der Geheimdienstzentrale als durchlaufender Sockel unter Straßenniveau abgesenkt liegt. Das dient einerseits der Sicherheit, andererseits der optischen Verringerung der Bauhöhe des Siebengeschossers.

„Fotografieren Sie bitte nur nach vorne und nicht ins Publikum“, kam die freundliche Anweisung, auch Sicherheitsrelevantes sollte nicht abgelichtet werden, Fensterausblicke beispielsweise. Vor den Stuhlreihen saßen in trauter Runde Dr. Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Jan Kleihues, Architekt des Neubaus, und der in solchen Runden unvermeidbare Hanns Zischler, Schauspieler und Berlin-Kenner. Die Moderation übernahm eine gut aufgelegte und durchaus scharfsichtige Claudia Kromrei, Architektin und Dozentin, der man höchstens vorwerfen konnte, sie habe die Podiumsteilnehmer ein wenig zu gern gehabt.

Irgendwie chinesisch und bloß dezent monumental

Anlass des Treffens beim BND war die Präsentation eines Buches über den Neubau (Hatje Cantz), die, hätte sie an jedem anderen Ort der Welt stattgefunden, einen solchen Zulauf wohl nicht gehabt hätte. Das Buch selbst – handwerklich so solide gemacht wie das, was es beinhaltet – zeigt ausser schönen Fotos erwartungsgemäß nichts von den Räumen, die interessant zu schauen wären. Pläne, Details?! Immerhin sehen wir die Grundrissfigur, gleich vorne auf dem Buchdeckel. Das Zeichen, eine Metapher (?), ein ungewollter Bezug auf Le Corbusiers Tabula Rasa-Idee im „Plan Voisin“ von 1925 im Ganzen wie im Detail, dieses Zeichen erscheint irgendwie chinesisch … geheimdienstsprachlich eben. Noch ist es in der Realität nicht komplett, die Riegel und U-Formen als Komplementärbauten zur schon realisierten Nordostseite könnten möglicherweise noch realisiert werden. Weniger, um die totale Symmetrie dieses neuen Geheimdienstlogos zu erreichen, eher dann, wenn die 5 000 (?) Zellenbüros nicht mehr ausreichen sollten.

„Kleihues + Kleihues: BND. Die Zentrale“ ist der klar markige Buch­­titel, der des Talk dagegen andeutungsvoll „Monumentalität und Poesie“. Ob der Bau tatsächlich monumental sei wollte der Architekt im Relationismus auflösen: Wenn schon monumental, dann aber „dezent“. Hanns Zischler gestand ihm ein „beeindruckend“ zu und er ergänzte, dass, wenn man tatsächlich Monumentalität sehen wolle (was sonst?!), dann könne das durchaus etwas Gutes haben. Denn ja, die Stadt Berlin bräuchte diese „monumentalen Impulse“, um aus dem Kleinklein zu einer das Ganze beeindruckenden urbanen Struktur zu gelangen, die nicht abweisend, sondern integrierend wirke. Und Poesie? Dazu kam nur Unkonkretes, mehr wäre vielleicht auch übermenschlich gewesen.

Der Souverän muss draußen bleiben

280 m lang  – so lang wie zwei ICEs – ist die Struktur, die aus zwei zentralen, in Nordwest-Südost-Richtung parallel laufenden Gebäudeteilen besteht, an die – immer achsensymmetrisch platziert – weitere Gebäudeteile andocken. Dort, wo noch angedockt werden könnte, ist die Lochfassade geschlossen (Südwestfassade). 14 000 Fenster hat der Bau möglicherweise (der Architekt versprach, er werde das einmal selbst nachzählen), das Zimmer des Direktors liegt so, dass er zum Kanzleramt, seiner Aufsichtsbehörde, hinüber schauen kann. Halböffentliche und hermetisch gesicherte Räume wechseln sich ab, drei Atrien in der zentralen Hofachse bringen Luft ins Kompakte. Auf die zentrale Achse zielt von der Nordbebauung (Logistikzentrum, Energiezentrale und Parkhaus, von HENN) eine Fußgängerbrücke. Im Süden wird das Monumentale abgeriegelt durch Wohnbebauung (Bestand) und durch das gemeinsame Ausbildungszentrum von BND und Bundesamt für Verfassungsschutz sowie das zukünftige Besucherzentrum des BND (Lehmann Architekten).

Er habe, so Jan Kleihues in einem kurzen Gespräch im Anschluss, selbst nicht mit dieser freundlichen Gesprächsatmosphäre gerechnet. Für die BND-Planung sei er in der zurückliegenden Zeit häufig angegriffen worden. Was sein Team hier alles geleistet hätte, könne man wirklich nur beurteilen, wenn man den Bau auch von innen gesehen hätte. Doch wie? Das höchste handwerkliche Niveau, die Möblierung von Kleihues + Kleihues, die meisten Details plangenau ausgeführt ... Wir, der Souverän, werden das nicht anschauen dürfen. Auf die Nachfrage, ob er denn wirklich nicht wisse, was der Bau gekostet habe – Jan Kleihues hatte das auf dem Podium gesagt – antwortete er, dass er das tatsächlich nicht wisse, hier sei sein Partner zuständig. In der Presse liest man von 1,1 Mrd. €. Das Meiste dafür ganz sicher für die (technische) Erstausstattung auf einer BGF von rund 260 000 m². Gigantisch! Oder dann doch: monumental! Be. K.

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