Library and Learning Center, Wien

Geprüfte Überkopfverglasung

Eines der letzten Werke von Zaha Hadid

Die neue Wirtschaftsuniversität in Wien ist die größte der Europäischen Union. Bisher befand sich die alte Wirtschaftsuniversität in einem Gebäude aus den 1970er-Jahren. Doch dieses war sanierungsbedürftig geworden, was die Verantwortlichen zum Anlass nahmen, im Wiener Prater einen Campus zu errichten, dessen Herzstück das Library and Learning Center ist. Es wurde als eines der letzten Werke von Zaha Hadid entworfen und stellte die Beteiligten bei seiner baulichen Umsetzung immer wieder vor große Herausforderungen. Eine davon war der Brandschutz, der in Zusammenarbeit mit dem Brandschutzspezialisten Hoba, Adelberg, gemeistert werden konnte.

Mit dem neuen Campus der Wirtschaftsuniversität Wien hat Österreichs Hauptstadt eine weitere Sehenswürdigkeit für Architekturinteressierte. Auf einer Fläche von 90.000 m² entstand ein Universitätsareal, dessen Bauwerke von namhaften Architekturbüros geplant wurden. Doch eines hebt sich besonders hervor: das Library and Learning Center (LLC). Es wurde von der Pritzker-Architektur-Preisträgerin Zaha Hadid entworfen und kombiniert die Funktionen einer klassischen Bibliothek mit einer Lerneinrichtung und modernster Technologie.

 

Ein Herzstück gestalten

Dabei ist das Gebäude das Herzstück des Campus. Sein Hauptzugang ist klar zum zentralen Platz des Areals ausgerichtet. Und der Blick auf sein Äußeres zeigt einen polygonalen Baukörper, der sich durch gerade Linien, abgerundete Kanten und gekippte Wände kennzeichnet. Die Fassaden neigen sich teilweise bis zu 35°. Auffällig ist, dass das Objekt aus zwei ineinander verschränkten Baukörpern besteht, wovon einer dunkel und einer hell gestaltet ist. Der dunkle ist öffentlich, der helle nur für Verwaltungsmitarbeiter zugänglich. Beide werden durch eine Glasfuge getrennt, die sich durch das gesamte Haus zieht. Das Forum und der öffentliche Eingangsbereich sind nach den Vorstellungen der Planer Teil des außen liegenden Platzes. Beim Betreten können sich die Besucher der Dynamik, die der Innenraum ausstrahlt, fast nicht entziehen. Mit seinen vielen Rundungen und schrägen Wänden erinnert er an eine Schlucht. Über Rampen und Treppen gelangt der Gast vom Eingangsniveau spiralförmig durch das OMV Bibliothekszentrum nach oben. Dieses erstreckt sich trichterförmig über sechs Geschosse und nimmt schlussendlich die beiden oberen Stockwerke komplett ein. Die hier befindlichen Studienarbeitsplätze bieten dank eines gigantischen Fensters einen faszinierenden Blick auf den Prater.

 

Ein gewagtes Projekt umsetzen

Fast alle Entwürfe von Zaha Hadid zeichnen sich dadurch aus, dass die Architektin – wo möglich – den rechten Winkel mied. In den letzten Jahren ihres Schaffens kamen noch geschwungene Gestaltungselemente hinzu. Dies kennzeichnet auch das Library and Learning Center in Wien. Das bedeutet: Rundungen gibt es in dem riesigen Bauwerk viele, Neunziggradwinkel nur wenige. Eine Tatsache, die die Realisierung eines solchen Objektes nicht gerade erleichtert. Gleichzeitig finden in der Anlage 25.000 Studierende und 1.500 Mitarbeiter Platz, das heißt, dass an Fragen der Gebäudesicherheit, wie z.B. den Brandschutz, höchste Anforderungen gestellt werden. Mit der Umsetzung des Bauvorhabens wurde Hadids Hamburger Büro beauftragt. Und so kam es, dass sich bereits Mitte 2009 Cornelius Schlotthauer und Elsa Katharina Jacobi bei der Suche nach einem geeigneten Brandschutzhersteller an die Firma Hoba wandten. Das Unternehmen hat sich auf die Fertigung von Brandschutzsystemen spezialisiert und arbeitet dabei eng mit den Planern und Architekten zusammen. So kommt es, dass Hoba-Brandschutzelemente auch häufig bei besonderen Bauvorhaben, die knifflige Detaillösungen erfordern, zum Einsatz kommen.

 

Einen Brandschutzpartner finden

Beim Library and Learning Center lag die Herausforderung vor allem in der Überkopfverglasung im Bereich des Atriums. Denn erstens waren hier die Glaselemente gebogen und zweitens hatten sie unterschiedliche Neigungswinkel. Darüber hinaus sollten die Fugen zwischen den einzelnen Scheiben lediglich mit Silikon verfüllt werden – eine Riegelkonstruktion war aus ästhetischen Gründen nicht erwünscht. Um nachzuweisen, dass es möglich ist, solch hohen Anforderungen gerecht zu werden, baute Hoba ein 1:1-Modell der Überkopfverglasung mit einer 45°-Neigung, die in die Horizontale überging. Dieses Modell ließen die Mitarbeiter des Unternehmens an der MPA Braunschweig im Brandversuch prüfen. Bei dem Test, den die Architekten live erleben konnten, wurde auf Anhieb eine Prüfdauer von weit mehr als 90 Minuten erreicht. So konnte die Konstruktion in die Widerstandsklasse F90 eingereiht werden. Anschließend begannen die Beteiligten mit der Ausarbeitung der Details, wobei sie auch die Kosten solch einer Konstruktion berücksichtigten. Mit diesen Informationen ausgerüstet waren die Architekten in der Lage, das Bauelement auszuschreiben. Im Februar 2012 erhielt Hoba den Auftrag zur Herstellung der Brandschutzelemente.

 

Ein Hindernis überwinden

Nun ging das Unternehmen daran, die technischen Unterlagen, wie Konstruktionszeichnungen, statische Berechnungen sowie Schallschutzbemessungen und vieles mehr, zu erstellen – was mit etwas Arbeit auch reibungslos funktionierte. Doch als es den Nachweis für diese Sonderkonstruktion erbringen wollte, stand es vor einem schier unüberwindbaren Hindernis: Zwischen den Erstgesprächen bzw. der darauf basierenden Prüfung und der tatsächlichen Ausführung gab es einen „Normensturz“. Dieser hatte zur Folge, dass nur noch Prüfungen und Zertifikate als Grundlage verwendet werden dürfen, die auf den europäischen Normen basieren. Die gesamte Planung und Preisfindung beruhte jedoch auf den entsprechenden DIN-Normen. Doch auch hierfür fanden die Hoba-Mitarbeiter eine Lösung: Sie führten die Brandschutzversuche einfach noch einmal durch – jetzt auf Basis der neuesten Normen. Und auch dieses Mal bestand die Konstruktion den Test mit Leichtigkeit. Damit stand der Nachweisführung und letztendlich der Montage nichts mehr im Wege. Neben der Überkopfverglasung lieferte Hoba zudem noch zahlreiche Brandschutztüren unterschiedlicher Bauart. Auch ihr Einbau wurde in enger Zusammenarbeit mit den Architekten geplant. Der Spatenstich zum Bau des Library and Learning Centers erfolgte im Oktober 2009. Seither arbeiteten rund 700 Personen täglich auf der Baustelle. Nach nur vier Jahren wurde das Gebäude pünktlich zum Wintersemester 2013/2014 eröffnet. Die Bibliothek in Wien ist eines der letzten Projekte, die die Ausnahmearchitektin Zaha Hadid entworfen hat. Die aus dem Irak stammende Künstlerin mit britischer Staatsangehörigkeit verstarb am 31. März 2016 an einem Herzinfarkt.  

Lieferant der Brandschutzelemente


Holzbau Schmid GmbH & Co. KG
HOBA Brandschutzelemente

Ziegelhau 1–4
D-73099 Adelberg
Telefon: +49 7166 5777
E-Mail: www.hoba.de

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