„Freie Formbarkeit“

Benedikt Krienen und
Gereon Töpper zum Thema „Beton“

Benedikt Krienen und Gereon Töpper zum Thema Beton

Um den Nachwuchs die Möglichkeiten des Baustoffs Beton erforschen zu lassen, lobt die europäische Zement- und Betonindustrie jährlich die Concrete Design Competition aus. Gesucht werden dabei neue Eigenschaften und Erscheinungen des Materials.

Im letzten Jahr galt es, sich mit dem Begriff des Hybriden auseinander zu setzen. Die Preis­­träger Benedikt Krienen und Gereon Töpper beschäftigten sich mit alternativen Lösungen zu herkömmlichen Schalungen und entwickelten die „Thermoshape Sandwich Elements“, mit denen sich frei geform­te, doppelt gekrümmte Betonelemente erstellen lassen.

 

Was war der Ausgangspunkt für die Entwicklung der „Thermoshape Sandwich Elements“, welches Forschungsziel haben Sie dabei verfolgt?

Der Ausgangspunkt für die Entwicklung der „Thermoshape Sandwich Elements“ war die Aufgabenstellung der „concrete design competition“, ausgelobt von der europäischen Zement- und Betonindustrie. Der
Wettbewerb richtet sich an Studierende der Fachrichtungen Architektur, Innenarchitektur, Bauingenieurwesen, Stadtplanung, Gestaltung und verwandte Disziplinen. Gesucht werden neue Eigenschaften und Erscheinungen des Materials Beton. Diese gilt es, weiterzuentwickeln und wenn möglich in adäquaten Anwendungen darzustellen. Der jährlich stattfindende Wettbewerb verlangte in diesem Jahr von den Teilnehmern, sich mit dem Oberbegriff des Hybriden auseinander zu setzen.

Die Bezeichnung Hybrid betont dabei ein aus unterschiedlichen Arten oder Prozessen zusammengesetztes Ganzes. Die Besonderheit liegt darin, dass die zusammengebrachten Elemente für sich schon Lösungen darstellen, durch das Zusammenbringen aber neue erwünschte Eigenschaften entstehen können. Das feste Ziel unserer Arbeit bestand im Grunde genommen darin, die Augen offen zu halten und bestehende Technologien geschickt miteinander zu verbinden.

 

Erläutern Sie kurz das Konzept Ihres Hybriden.

Das Konzept entwickelte sich aus der von uns formulierten Fragestellung: Wie können frei geformte, doppelt gekrümmte Betonelemente erstellt werden, die zugleich die thermischen Ansprüche an die Ge­bäu­dehülle erfüllen?

In der heutigen Architektur generieren viele Architekten organische, früher nicht realisierbare Gebäudeformen, die nach innovativen Schalungstechniken im Betonbau verlangen. Durch die Anwendung und Kombination bekannter Verfahrenstechniken im Betonbau sowie in der Kunststoffverarbeitung schaffen wir spiegelglatte, glasfaserbewehrte Betonoberflächen. Die am Computer erstellten dreidimensional gekrümmten Bauteile werden mit Hilfe eines pneumatisch-beweg­lichen Tiefziehtisches präzise umgesetzt. Über Hitzeeinwirkung überträgt der Tiefziehtisch die genaue Form auf die „Thermoshape Sandwich Elemente“.

Die im Werk verformten „Thermoshape Sandwich Elements“ werden am Baukörper positioniert, untereinander kraftschlüssig miteinander verschweißt und im nächsten Arbeitsschritt mit Beton verfüllt. Nach dem Aushärten des Betons haben die Thermoplast-Häute ihre Funktion erfüllt, können abgetrennt und wieder verwendet werden. Das Gebäude verfügt nun über eine spiegelglatte und fugenlose Sichtbetonoberfläche.

 

Sichtbeton – für Architekten meist Ästhetik pur, für viele Laien der Inbegriff von „Kälte“, wie kann man da vermitteln?

Eine schwierige Frage, die sich sehr oft stellt. In diesem Zusammenhang wird oft der Begriff der persönlichen Haltung ins Spiel gebracht. Nach unserer Meinung stellt sich nicht die Frage der Vermittlung, da die Materialfindung bei jedem Projekt aufs Neue eine intensive Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung und den Gegebenheiten des Ortes verlangt und somit eine bewusste Entscheidung darstellt. Wenn die Wahl auf Beton fällt, muss deutlich werden, warum dieses Material gewählt wurde, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Er darf nicht rein dekorativ eingesetzt werden, sondern sollte seine Vorteile gegenüber anderen Materialien klar zu erkennen geben.

 

Nach Mauerwerk kam Beton, dann wurde es transparent und jetzt verbreiteten sich textile Baustoffe. Denken Sie, Beton wird zukünftig in der Gestaltung eine Rolle spielen oder nur noch als konstruktives Mittel eingesetzt werden?

Wie wir während der Bearbeitung unseres Projektes gesehen haben, wird die Kombination bestehender Baustoffe mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften von großer Wichtigkeit in der Entwicklung innovativer Baumaterialien sein. Beton wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen und dabei nicht nur konstruktive Funktionen übernehmen. Vielmehr sollte Beton über seine konstruktive Funktion hinaus noch mehr ästhetische und gestalterische Aufgaben übernehmen und seine Vorteile ausspielen, die vor allem in seiner freien Formbarkeit liegen.

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