Emeritiert: Vittorio Magnago Lampugnani

Am 1. Juni 2017, nach mehr als 23 Jahren Lehrtätigkeit an der ETH in Zürich, hielt der Architekt und Städtebautheoretiker Vittorio Magnago Lampugnani seine Abschiedsvorlesung. Der gebürtige Römer, der in seiner Heimatstadt und in Stuttgart diplomierte und in beiden Städten promovierte, hat sich vor allem als Theoretiker (Städtebau) und Schreibender einen Namen gemacht. Von seinem eher schmalen gebautem Werk sind zu nennen der Bürokomplex im Block 109 in Berlin (mit Marlene Dörrie, 1996) oder der Masterplan für den Novartis Campus in Basel sowie das Zentrum für Forschung und Entwicklung (2002) und das Bürogebäude in der Fabrikstraße 12 (2008).

In Deutschland ist Lampugnani vor allem bekannt durch seine Jahre (1990 – 1995) als Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main. Aus dieser Zeit rührt auch der von ihm initiierte „Berliner Architekturstreit“, der 1993 mit seinem Plädoyer für eine „Neue Einfachheit“ in einem Spiegel-Beitrag ausgelöst wurde und in dem eine Fraktion um Lampugnani, Stimmann und Kollhoff eine „radikal normale“ Architektur forderte, die, in Stein gehauen, dem DAM-
Direktor vor Lampugnani, Heinrich Klotz, die Rückkehr zum Klassizismus der Nazis war.

Der Hochschullehrer und Bücherschreiber, dem „Architektur als Kultur“ Voraussetzung für alles Bauen war und ist, brachte sich im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses noch einmal so richtig in die Schlagzeilen. Als Juryvorsitzender hatte er im Vorfeld des Verfahrens geäußert, dass er ein Gegner der Behauptung sei, das alte Schloss sei das Beste, was an dieser Stelle stehen kann. Er könne sich durchaus auch ein Gebäude mit zeitgenössischen Fassaden vorstellen. Hans Stimmann fand das damals gar nicht lustig.

Man kann davon ausgehen, dass der Römer und aktuelle Träger der Heinrich-Tessonow-Medaille weiterhin seine Rolle als Kommentator im aktuellen Architekturdiskurs spielen wird, auch (oder gerade) in Deutschland. Denn nicht bloß hier, aber eben auch, ist ihm noch immer vieles vom Gebauten zu anspruchslos. Oder, wie er 1977 in der ZEIT schrieb: „Die Unzufriedenheit [mit dem Gebauten] ist keineswegs unbegründet, und es ist gut, dass sie sich artikuliert.“ Be. K.

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