Dachsanierung in der Praxis
Konzepte für die Außendämmung

Als Bestandteil der „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ hat die Bundesregierung Eckpunkte formuliert, um ihre energiepolitischen Ziele bis zum Jahr 2050 umzusetzen. Dabei wurde als Ziel ein weitestgehend klimaneutraler Gebäudebestand vorgegeben.

Für den Neubau ist dies auch mit der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie 2010 in der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) schon eindeutig formuliert. Diese fordert, dass ab 2021 Gebäude nur noch in Niedrigstenergiebauweise errichtet werden; für öffentliche Gebäude wurde sogar 2019 festgelegt.

Für den Neubau sind diese Ziele nicht unrealistisch; Konzepte wie bspw. Passiv-, Effizienz- oder Null-Emissions-Häuser weisen dabei den Weg. Unterstützt durch energiesparende Bauweisen, der Energiegewinnung aus regenerativen und umweltfreundlichen Quellen, der intelligenten Steuerung der Gebäudetechnik und -lüftung in einem „smarten“ Gebäude können diese Ziele erreicht werden.

Durchaus von größerer Herausforderung ist aber die Anpassung des Gebäudebestands. Im Gebäudebereich werden nach Erkenntnissen des Bundeswirtschaftsministeriums etwa 40 % der gesamten Endenergie verbraucht. Die Zielvorgabe der Bundesregierung lautet, dass der Primärenergiebedarf durch eine Kombination aus Energieeinsparung und dem Einsatz erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2050 in der Größenordnung von 80 % gegen-über 2008 zu senken ist.

Dabei ist die energetische Ertüchtigung der Gebäudehülle eine maßgebliche Säule
für die Reduzierung des Wärmebedarfs eines Gebäudes.

Energieeinsparverordnung

Ein großes Potential besteht in der energetischen Ertüchtigung der Gebäudehülle des Gebäudebestands. Neben der Dämmung der Fassade und dem Austausch veralteter Fens­ter hat die Dämmung des Daches einen großen Anteil. So können bis zu 30 % des Gesamt-

wärmebedarfs über das Bauteil Dach verloren gehen. Nach der EnEV ist eine Verbesserung des Dämmstandards immer dann erforderlich, wenn mehr als 10 % des Bauteils Dach erneuert wird. Die aktuelle EnEV 2014 fordert für den modernisierten Dachaufbau einen U-Wert von mind. 0,24  W/(m2K). Für zukunftsfähige Lösungen sollte dieser Wert deutlich unterschritten werden. Dies sehen bspw. auch die Förderprogramme der KfW vor, die für Einzelmaßnahmen am Dach einen U-Wert von mind. 0,14  W/(m2K) fordern.

Sanierungskonzepte

Im unbewohnten Dachbereich können Dämm-maßnahmen auf der obersten Geschoss­decke ausgeführt werden; auch die nachträgliche Dämmung von Sparrenzwischenräumen von der Rauminnenseite ist machbar. Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass es Probleme mit der gezielten Hinterlüftung der Dachdeckung oder der sogenannten zusätzlichen Maßnahme der Unterspannbahn geben kann, wenn nachträglich von innen in der Sparrenebene gedämmt wird. Auch ist eine zuverlässige Anordnung des Dämmstoffs im Bereich von Traufe, First oder Zwischengeschossen im Dach von innen nicht gewährleistet und kann zu Tauwasserschäden infolge von Wärmebrücken führen. Dabei spielt auch die Anordnung der erforderlichen Dampfsperre als Luftdichtheitsschicht von der Rauminnenseite eine Rolle. Hier finden sich zahlreiche Fehlerstellen durch Leckagen und unzureichende Anschlusslösungen.

Im bewohnten Dachgeschoss ist die dämmtechnische Ertüchtigung nur von außen sinnvoll und sicher auszuführen. Der Planer einer Sanierungsmaßnahme im Dachgeschoss muss grundsätzlich davon ausgehen, dass die bestehende Luftdichtheitsschicht nicht mehr ausreichend funktionstüchtig ist. In der Folge kann warme, feuchte Luft aus dem beheizten Innenraum durch die Konstruktion nach außen dringen und zu Feuchteschäden und Schimmelbildung führen. Auch für das Wohlbefinden ist dieser Effekt mit Zugerscheinungen nicht zuträglich. Im bewohnten Dachgeschoss kann eine Dampfsperrschicht als Luftdichtheitsebene nur mit großem Aufwand nachträglich von innen ergänzt werden.

Dämmung von außen

Im Rahmen einer Dachsanierung wird in der Regel die Dachdeckung abgeräumt; die Dämm-Maßnahme ist von außen sinnvoll und wirtschaftlich auszuführen. Unterschiedliche Dämmkonzepte und vor allem die Führung einer neuen Dampfsperrschicht als Luftdichtheitsebene kommen dabei zum Einsatz.

Planungsschritte

Bei Dachmodernisierungen muss der Planer davon ausgehen, dass die alte Dampfsperrschicht bei einem bestehenden Dachge­schoss­ausbau mangelhaft ist und die geforderte Luftdichtheit gemäß DIN 4108 nicht gegeben ist. Es besteht also die Gefahr, dass warme, feuchte Luft aus dem beheizten Innen­raum durch die Konstruktion nach außen dringen kann. Eine Lösung besteht in der geschlauften Verlegung (Lösung C) einer neuen Luftsperre mit diffusionshemmender Wirkung über den Sparren und dem formschlüssigen Einbau von Faserdämmstoff in die entstehenden Wannen. Mittlerweile ist bei dieser Ver­legeart allerdings eine hygrothermische ­Simulation erforderlich, was mit einem hohen Zeitaufwand versehen ist. Aufgrund einer normativen Änderung musste auch der ZVDH diese Forderung in sein neues Merkblatt Wärmeschutz bei Dach und Wand (04.2015) übernehmen. Auch erfordert die Ausführung einer Dampfsperre in schlaufenförmigen Verlegung erheblich mehr Verlegezeit als die Verlegung einer Dampfsperre oberhalb der Sparren (siehe alternative Konstruktionsbeispiele). Bedenkt man noch die sehr wahrscheinlichen Fehlstellen in der Luftdichtheitsschicht und dass die Sparren oft durch Aufdopplung vergrößert werden müssen, um die erforderlichen Dämmstoffdicken unterzubringen, ist diese Verlegetechnik zu hinterfragen. Einfacher ist es, mit einer Aufdachdämmung als Ergänzung den Sparren zu überdecken.

Überdämmte Lösungen

Funktionell weitergeplant und deutlich einfacher und sicherer auszuführen ist der Einbau einer sehr diffusionsfähigen Aufsparrendämmung als überdämmte Lösung der Altkonstruktion (Lösung A und B). Bei dieser Dachmodernisierungslösung werden durch die vollflächige Verlegung der Aufdach-Dämm­elemente Wärmebrücken sicher vermieden. Auch hier ist eine neue Luftdichtheitsebene erforderlich. Diese wird aber im Gegensatz zur wannenförmig, geschlauften Verlegung mit einer robusten Dampf-Luftsperre mit einem sd-Wert von 3 m ausreichend diffusionshemmend flächig über dem Sparren erstellt.

Durch den günstigen sd-Wert wird einerseits die Auffeuchtung der Konstruktion durch Diffusion von innen verhindert sowie die Aus­trocknung der Konstruktion durch Umkehrdiffusion auch zum Innenraum ermöglicht. Bei dieser verlegetechnisch günstigen Variante einer Dachmodernisierung sind die luftdich­tenden Anschlüsse an die Bestandskonstruktion und Durchdringungen wie Dachfenster sowie Stoßverbindungen und Überlappun­gen deutlich einfacher herzustellen. Taupunktlage beachten

Aber auch diese Variante muss geplant werden, denn durch den Einbau der Aufdachdämmung verlagert sich der Taupunkt der Dachkonstruktion. So kann bei zu geringer Dimensionierung der neuen Dämmung der neue Taupunkt unterhalb der neuen Dampf-/Luftsperre liegen. Hier gibt DIN 4108-3 den entscheidenden Planungshinweis: Unterhalb einer diffusionshemmenden Bauteilschicht (Ebene der bestehenden Dämmschicht der Altkonstruktion) und der neuen Dampf-/Luftsperrebene darf nur 20 % des gesamten Dämmwertes angeordnet sein, sofern nicht eine bauphysikalische Berechnung des Dachschichtenpaketes erfolgt. Für die Planung ist also wichtig, dass die Dämmstärke der Aufdachdämmung so auf das Bestandsbauteil abgestimmt wird, dass der rechnerische Taupunkt oberhalb der Dampfsperre liegt.

Dachmodernisierung heißt auch immer, dass die Dachfläche nach dem Abräumen des Altdaches gegen Regeneintrag mit einer Behelfsdeckung geschützt werden muss. Günstig für den Baustellenverlauf sind dabei Dampf-/Luftsperren, die die hohen Wasserdichtigkeits­anforderungen der Klasse UDB-A und USB-A des ZVDH erfüllen und auch mit einer vom Hersteller fixierten Freibewitterungszeit als Behelfsdeckung gelten. Die bewohnten Dachräume können während der Modernisierungsphase weiter genutzt werden, da die Innenausbauschichten während der Sanierungsphase erhalten bleiben. Vorteilhaft ist auch, dass eventuelle Bestandsdämmung eingebaut bleiben kann; dies reduziert die Gefahr von raumseitigen Beschädigungen an der Innenverkleidung und die Entsorgungskosten.

Planung Luftdichtheitsebene

Die funktionssichere Modernisierung ist so zu
planen, dass die neue Luftsperrebene direkt an aufgehende Bauteile luftdichtend und hinterströmungsgeschützt angeschlossen wird.

Dies erfolgt bei Dächern ohne Dachüberstand am einfachsten durch eine Verklebung auf einer glatten Mauerkrone oder der Außenwand in Verbindung mit einer anschließen­den Abdeckung als UV-Schutz der Bahn. Bei Dachkonstruktionen mit Dachüberstän­den und Schalung ist der Aufwand größer. Hier sind die Schalungsbereiche über den au­­ßen­liegenden Giebelwänden aufzuschneiden und abzunehmen, damit die neue Dampf-/
Luftsperre auf den Mauerbereichen angeschlossen werden kann. In die Mulde wird im weiteren Verlauf ein Brett in Schalungsstärke eingepasst. So wird eine kraftschlüssige und vor allem luftdichte Verbindung zwischen Mauerkrone und neuer Luftsperre hergestellt.

Bei Dachüberständen mit durchlaufenden Sparren müssen alle Fugen sorgfältig abgedichtet werden, um eine Hinterströmung sicher zu verhindern.

Bestandsdämmung

Häufig wurde die Zwischensparrendämmung des Daches als sogenanntes belüftetes Dach entsprechend der damaligen DIN 4108-3 ausgeführt. Für die energeti­sche Ertüchtigung können zwei verschiedene Lösungen geplant werden. So muss der Luftzustrom an der Traufe unterbrochen werden; die ehemals belüftete Luftschicht (zwischen Bestandsdämmung und alter Dachdeckung) kann nun als ruhende Luftschicht auch in einer U-Wertberechnung gewertet werden. Dabei ist ein ­schmaler umlaufender Dämmstoffstreifen in Sparrenhöhe als Ergänzung praxisgerecht.

Alternativ kann der Raum der ehemals belüfteten Bestandsdämmung bis auf das Höhenniveau des Sparrens nachgedämmt werden. Dadurch lassen sich auch die Schallwerte der Konstruktion verbessern. Zu beachten ist dabei die Taupunktlage der Konstruktion. Anschließend werden beide Konstruktionsvarianten mit der neuen Dampf-/Luftsperre luftdichtend abgedeckt.

Eine  sichere und praxisgerechte Planung sieht die Anordnung einer neuen Dampfsperrschicht mit Rücktrocknungspotential und luftdichtend verklebten Anschlüssen sowie Nahtverbindungen vor. Im weiteren Dachaufbau bewirken sehr diffusionsfähige Aufdachdämmstoffe bspw. mit einem günstigen µ-Wert von 35 sowie der abgestimmten Luftdichtheitsschicht mit einem sd-Wert von 3 m bauphysikalisch sichere Konstruktionen. Vorteilhaft sind dabei Dämmsysteme auf der Basis von Resol-Schaum, der gute sd-Werte und eine wirkungsvolle Trocknungsreserve bietet, die den Anforderungen der neuen DIN 68 800-2 für beidseitig geschlossene Bauteile entspricht. ­Dafür stehen die hervorragenden bauphysikalische Werkstoffeigenschaften des Dämmstoffes auf der Basis von Resolschaum, denn Wasserdampf wird sehr leicht aufgenommen, transportiert und unproblematisch wieder abgegeben.

Durch günstige Lambda-Werte von Hochleistungs-Dämmsystemen lassen sich bauphysikalisch sinnvolle und sicher funktionierende Dachmodernisierungen mit geringen Schichtdicken realisieren, die auch ein optisch günstiges Erscheinungsbild ermöglichen. Die Bewohner unter dem Dach erhalten ein angenehmes und gesundes Raumklima mit reduzierter Schimmelgefahr; der Wert des Gebäudes wird nachhaltig gesteigert.

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