Natürlich belüftete Hochhaus-Fassade

DRV Hohenzollerndamm, Berlin

Die futuristisch anmutende Fassade des 23-geschossigen Hochhauses der Deutschen Rentenversicherung (DRV) aus den 1970er-Jahren, erbaut vom Architekten Hans Schäfers, war in die Jahre gekommen. Bei der Sanierung und Modernisierung des Gebäudekomplexes durch das Berliner Büro von gmp-Architekten spielte der Urheberschutz eine wichtige Rolle.

Die futuristisch anmutende Fassade des Hochhauses der Deutschen Rentenversicherung (DRV), in den 1970er-Jahren erbaut vom Architekten Hans Schäfers (veröffentlicht in der DBZ 2|1979 S. 155ff), war in die Jahre gekommen. Bei der Sanierung und Modernisierung des Gebäudekomplexes durch das Berliner Büro von gmp spielte der Urheberschutz eine wichtige Rolle.

Die Dichtungsrahmen waren spröde. Die Isolierverglasung war ohne Glasklötze eingebaut. Innerhalb der Dichtungsrahmen war die Verglasung nicht richtig fixiert, sodass sie „wandern“ konnte. In den Dichtungsrahmen hatte sich Wasser angesammelt und nach dem Entfernen der Dichtungsrahmen löste sich der Sandwichrandverbund der Paneele. Es gab erhebliche Beschädigungen.


Das war das Resultat der Fassadengutachter vom Ingenieurbüro AMP aus Neuss. Die Bestandsfassade musste erneuert werden. Dazu kam, dass der Bauherr, die Deutsche Rentenversicherung Bund, sich Fens-ter in der Fassade wünschte, die man öffnen kann.

Fassadensanierung des Hochhauses

„Die DRV musste sanieren“, erklärt Projektarchitekt Christian Blank vom Berliner gmp-Team bei der Besichtigung vor Ort. „Wirtschaftlichkeitsberechnungen hatten ergeben, dass ein Erhalt des Hochhauses sinnvoller war als ein Abriss und Neubau. So wurde der Hochhauskomplex am Standort Wilmersdorf zunächst nach Absprache mit der Baubehörde leer geräumt.“ Eine Vorgabe war, dass das Haus aufgrund des Urheberschutzes nach der Sanierung genauso aussehen sollte wie vorher. Deshalb gleicht die neue Fassade mit den 1,875 m breiten Aluminium-Sandwichpaneelen dem Original. Dabei erfüllt sie die heutigen technischen und energetischen Standards. „Vorher gab es Fassadenstützen, an denen die Aluminiumpaneele befestigt waren“, betont Architekt Blank. „Diese haben wir entfernt und geschosshohe Aluminium-Sandwichpaneele entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Fassadenbauer, der zum Tiefziehen der Bleche auf Know-how aus der Automobilindustrie zurückgreifen musste.“ Die neuen Fassadenelemente besitzen im Brüstungsbereich eine Wärmedämmstärke von mindestens 30 cm und haben im Fensterbereich eine 3-fach-Wärmeschutzverglasung. Neu ist, dass in jedes zweite Fens-terfeld ein Parallelausstellfenster integriert ist, das gruppenweise steuerbar ist und gleichzeitig zur natürlichen Entrauchung dient. Dadurch konnte die technische Gebäudeausstattung (TGA) reduziert werden.

Denn der Brandschutz spielte bei der Sanierung und Modernisierung des Gebäudekomplexes eine Hauptrolle. Optisch unterscheiden sich die Fassadenelemente mit den öffenbaren Fenstern nicht von denen mit feststehender Verglasung.

„Die Glasfarbe haben wir an verschiedenen Proben getestet“, erinnert sich der Projektleiter. „Schließlich ergibt sich der Farbton aus einer Abwägung von Lichtdurchlässigkeit, Verspiegelung und ursprünglicher Optik.“ Weil ein außenliegender Sonnenschutz aufgrund des Urheberschutzes nicht möglich war, sind in den Bürobereichen innenliegende Blendschutzrollos angebracht. Wenn es zu heiß wird, wird die warme Luft zwischen der Scheibe und dem Blend­schutz direkt nach oben abgesaugt. Zusammen mit der neuen Wärmeschutzverglasung bringt diese Maßnahme eine Reduktion des Sonnenlichteintrags von bis zu 70 % im Vergleich zur ursprünglichen Fassade.

Fassaden im Konferenzbereich und in der Sockelzone

Nach wie vor befindet sich im obersten Geschoss der Konferenzbereich. Hier gibt es keine Öffnungselemente in der Fassade, weil die Abmessungen der geschosshohen Glasflächen das nicht zulassen. Als Blendschutz dienen – wie schon vor der Instandsetzung – (neue) Textilvorhänge.

Im großflächigen Sockelbereich befindet sich im Westen der Trakt mit dem Mitarbeiterestaurant, dem Kasino, und im Osten der neue Ausbildungstrakt mit Schulungsräumen anstelle des ursprünglich dort positionierten, medizinischen Reha-Zentrums. Zwischen Kasino und Schulungsbereich liegt die zentrale Haupterschließung. Die Fassaden des Sockels orientieren sich an der ursprünglichen KasinoFassade. Es ist eine Pfosten-Riegel-Fassade mit außenliegendem

Sonnenschutz. Im Schulungsbereich bringen neue Oberlichter Tageslicht in die innenliegende Erschließungszone. Durch diese können die Auszubildenen nicht nur in den Pausen in den Himmel schauen, sondern stets auf das markante Hochhaus blicken, das vorher so nicht wahrgenommen werden konnte.

Bauablauf

„Wir haben die Fassadensanierung in mehrere Abschnitte aufgeteilt“, beschreibt der Architekt den Bauablauf. „Zum einen haben wir ganz oben in der Konferenzebene angefangen. In drei Abschnitten, die jeweils von den Technikebenen begrenzt waren, ging es dann nach unten.“ Horizontal wurden die Abschnitte reihum von Westen nach Osten saniert. Die Nordseite, an der der Baustellenaufzug stand, war die Fassade, die zuletzt wieder geschlossen wurde. Die Hochhausfassaden werden über drei Fassadenbefahranlagen gereinigt, die ebenfalls an die Technikebenen gekoppelt sind.

Auf der Baustelle war die Schadstoffentsorgung (von gebundenem Asbest) ein wichtiges Thema. „Es gab hier vor Ort einen Schwarzbereich und Weißbereich“, denkt Christian Blank zurück. „Die Schadstoff­entsorgung musste auch im Hinblick auf die Kapazitäten in den Depo-
nien getaktet werden.“

Brandschutz

Ein besonders wichtiges Thema bei der Sanierung war der Brandschutz. So handelt es sich bei der tragenden Konstruktion des Hochhauses um eine reine Stahlkonstruktion. Die Geschossdecken bestanden aus Trapezblechdecken auf Stahlträgern. Der Projektleiter erklärt: „Wir mussten quasi aus einer F 0-Konstruktion F 90 machen. Alle sichtbaren Stahlelemente wurden „händisch“ mit Mineralwolle verkleidet. Davor haben wir alle Anschlusspunkte für die TGA festgelegt, um später wieder daran kommen zu können.“ Wie bereits erwähnt dienen die neuen Öffnungsflügel in der Hochhausfassade auch zur Entrauchung. Alle Etagen sind komplett gesprinklert. Die Aufzugsanlage im zentralen Kern musste modernisiert werden. Es gibt dort nun einen separaten Feuerwehraufzug. Die übrigen Aufzüge bestehen aus einer Twin-Aufzugsanlage, bei denen die Kabinen computergesteuert ohne Zwischenstopp direkt die angewählten Geschosse anfahren. Die Treppenhäuser sind jetzt druckbelüftet, so dass bei einem Brand der Rauch nicht in die Treppenräume eindringen kann. Vor den Bürobereichen sind neue Zugangsschleusen eingerichtet worden. Die Rolltreppe im Haupteingang ist geblieben. Wenn der Gebäudekomplex wieder in Betrieb genommen ist, werden dort rund 1 650 Mitarbeiter arbeiten. Dann wird die Rolltreppe so geschaltet werden, dass sie morgens nur nach oben fährt und nachmittags nur nach unten.

Farbwahl und Barrierefreiheit

Bei der Fassadengestaltung außen galt die Prämisse „Alles muss so aussehen wie vorher.“ Im Inneren hatten die Planer etwas mehr Freiheiten. So ist der ehemals terrakottafarbene Keramikbelag im Eingangsbereich einem anthrazitfarbenen Kunststein gewichen. In den Gängen dienen blaue Längsstreifen neben den Türen der optischen „Barrierefreiheit“. Blau als Farbe des Corporate Designs der DRV findet sich auch in den Teeküchen und bei den Fliesen in den Sanitärbereichen. Sonst dominieren Weiß, Lichtgrau und Anthrazit. Behindertengerechte WC-Anlagen wurden in jedem Geschoss nachgerüstet. Dafür mussten neue Technikschächte entlang des Kerns geschaffen werden. Das Kasino war ursprünglich über zwei Geschosse verteilt.

Nun ist alles auf einer Ebene.

Im Oktober will die DRV den Probebetrieb im Hochhaus starten. Zur Zeit werden in Abstimmung mit den Mitarbeitern Möblierungs­konzepte ausgearbeitet, die auf zwei Etagen bereits bemustert sind. Die Angestellten werden an ihren Arbeitsplätzen aus der neuen „alten“ Fassade einen traumhaften Blick über Berlin haben. Dass die Sanierung ein Erfolg ist, bestätigen jetzt schon die Anwohner, die sagen: „Was macht Ihr hier eigentlich? Das sieht ja aus wie vorher.“ Fazit: Alles richtig gemacht. Susanne Kreykenbohm, Hannover

Baudaten

Objekt: Sanierung und Modernisierung DRV Hohenzollerndamm, Berlin
Standort: Hohenzollerndamm 47, 10709 Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf
Typologie: Bürogebäude, Hochhaus
Bauherr und Nutzer: Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
Ursprünglicher Architekt: Hans Schaefers, BDA
Architekt Sanierung: gmp Generalplanungsgesellschaft mbH, Berlin; www.gmp-architekten.de

Projektleitung: Rüdiger von Helmolt (bis 2016)  und  Christian Blank
Team: Tomomi Arai, Karl Büttner, Barbara Düring, Anne Fortuniak, Nadja Hossack, Anna Jordan, Anna Kielbassa, Uschi Köper, Bettina Kreuzheck, Christiane Putschke-Tomm, Christin Steuer, Bettina Storch, Susan Türke, Torsten Weber, René Wiegand, Semira Abdula, Dörte Groß
Bauleitung: bmb Baumanagement Berlin GmbH, Berlin
Mitarbeiter: Detlef Krug, Marcus Liermann, Sebastian Seibert, Mario Roßner, Martin Backhaus, Roger van Well, Patrick Machnacki, Jessica Neumann, Christina Matz, Andreas Ebner, Diana Helbing, Ayse Bayram
Bauzeit: 2013 – 2018

Fachplaner

Tragwerksplaner: Hartwich/Mertens/INGENIEURE

Planungsgesellschaft für Bauwesen mbH, Berlin; www.hming.de
TGA-Planer: Ebert Ingenieure GmbH, Leipzig;

www.eb-ing.com
Fassadentechniker: AMP Ingenieurgesellschaft mbH, Neuss; www.ib-amp.de
Akustik: Ebert Ingenieure GmbH, München;
www.eb-ing.com
Brandschutz: hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Berlin; www.hhpberlin.de
Schadstoffsanierung: Architekturbüro Dieckmann, Birkenwerder; www.dieckmann-architekturbuero.de

Projektdaten

Grundstücksgröße: 45 979 m²
Grundflächenzahl: 0,54
Nutzfläche gesamt: 82 314 m²
Nutzfläche: 40 579 m²
Technikfläche: 14 975 m²
Verkehrsfläche: 26 759 m²
Brutto-Grundfläche: 98 115 m²
Brutto-Rauminhalt: 196 628 m³

Gebäudehülle
U-Wert Außenwand = 0,24 – 0,35 W/(m²K)
U-Wert Fassadenpaneel = 1,50 W/(m²K)
U-Wert Dach = 0,20 W/(m²K)
Uw-Wert Fenster = 1,30 W/(m²K)
Ug-Wert Verglasung =  0,7 W/(m²K)
Ug-total (mit Sonnenschutz) = 0,15
Luftwechselrate n50 = Luftqualität der Kategorie II nach DIN 15251

Hersteller

Fassade: FELDHAUS Fenster + Fassaden GmbH & Co. KG, www.feldhaus.de; Schüco International KG,
www.schueco.com
Dämmung: DEUTSCHE ROCKWOOL GmbH & Co. KG, www.rockwool.de
Sonnenschutzlamellen: WAREMA Renkhoff SE,
www.warema.de
Sonnenschutz/Blendschutzvorhänge: Kvadrat GmbH, www.kvadrat.de
Fassadenbefahranlage: Wahlefeld Fassadenaufzugs-
technik GmbH, www.wahlefeld.de

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