Checkliste zur Flachdach-sanierung
Nachhaltiger Einsatz von Kunststoffbahnen

Kein zweiter Werkstoff erlebte in den letzten 50 Jahren solch einen rasanten Aufstieg wie Kunststoff. Er wird heute in nahezu allen Lebensbereichen eingesetzt. Auch vor der Abdichtung von Flachdächern machte dieser Boom nicht Halt. Rund 100 Mio. m² Flachdachfläche wer­den jährlich neu abgedichtet, etwa 45 % davon mit Kunststoffbahnen.

Es gibt eine Reihe von Gründen für eine Flach-dach­sa­nie­rung. Zumeist geht es um einen oder mehrere der nachfolgenden Mängel bzw. Veränderungen:

­– undichtes Dach bzw. Materialermüdung

– Verlegefehler, Planungsfehler

– bauphysikalische Probleme

(z. B. Tauwasser­an­samm­­lung)

– Zusatzdämmung (EnEV, Heizkosten-

ersparnis)

– Nutzungsänderung (z. B. neuer Eigen-tümer)

Gründliche Vorarbeit

Um die Funktionsfähigkeit eines Daches gemäß den aktuell geltenden Anforderungen wieder herzustellen, bedarf es einer gründlichen Vorarbeit. Diese unterteilt sich in drei Schwer­­punkte: Bestandsaufnahme, Auswertung und Ent­wick­lung eines Sanierungskonzeptes.

„Gesundheitscheck” des Altdaches

Am besten lässt sich die Bestandsaufnahme mit Hilfe von Checklisten durchführen. Sie bieten zum einen die Sicherheit, dass man bei der Überprüfung nichts vergisst, und zum anderen hat man alle wichtigen Informationen schriftlich festgehalten. In der Praxis haben sich drei Checklisten bewährt:

– Objektinformation: Zusammenfassung ­aller allge­mei­nen Informationen zum ­Objekt

– Dachbegehung: Erfassung aller bei einer Dach­be­ge­hung von außen erkennbaren Mängel

– Dachöffnung: Dokumentation des Zustan­des der ein­zel­nen Funktionsschichten nach Öffnung des Daches an einer oder mehrere Kontrollstellen durch einen Dachdecker

Beste Basis für die Sanierung

Nach der Erfassung des Ist-Zustandes erfolgt die genaue Auswertung des Schadens. Sowohl Bestandsaufnahme als auch Auswertung sollte immer unter Beteiligung eines Fachmannes geschehen. Damit ist die Basis für die Entwicklung eines Sanierungskonzeptes gelegt. Die Art der Sanierung orientiert sich in erster Linie an der funk­tions­­technischen Leistungsfähigkeit des Altdaches. Zu­sätz­lich sind noch folgende Punkte abzuklären:

– Statik, zusätzliche Lasten (Photovoltaik, Begrünung etc.)

– Bauphysik

– Brandschutz (harte Bedachung)

– Energieeinsparverordnung (EnEV)

– Windsogsicherung

(mech. Befestigen, Kleben oder Auflast)

– Entwässerungsplanung, Gefälleplanung

– Detailausbildungen

Insbesondere bei der Komplettsanierung sind mit Blick auf die Wärmedämmung die Vorgaben der jeweils gültigen EnEV für Bestandsbauten zu berücksichtigen. Nicht selten reicht die vorhandene Wärmedämmschicht nicht aus, um die Werte zu erreichen. Eine Verbesserung der Dämm­leistung des Dachschichtenpaketes hat gleich meh­rere Auswirkungen. Neben dem Kostenfaktor für die Dämmung selbst sind natürlich auch alle Einbauteile wie Gullys, Dachlüfter, Lichtbänder oder Lichtkuppeln entsprechend anzupassen. Die größte Auswirkung zeigt sich am Dachrand. Hier kommt es zu erheblichen Veränderungen der Anschlusshöhen (z. B. durch Gefälledämmung). In der Folge muss häufig die gesamte Attika komplett neu aufgebaut werden.

Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei genutzten Dachflächen mit begehbaren Belägen. Auch hier kollidiert die neue Anschlusshöhe unter Umständen mit den vorhandenen Türschwellenhöhen. Leider zeigt sich in der Praxis, dass viele Bauherren aufgrund der Summe der zusätzlichen Arbeiten und Kosten gerne auf eine energetische Ertüchtigung im Rahmen einer Flach­dach­sanierung kom­plett verzichten. Hier gilt es im Sinne einer fachlichen Beratung die Vorteile der verbesserten Wärmedämmung in Kombination mit den ­sowieso an­ste­henden Kosten für die Baustelleneinrichtung etc. positiv zu verargumen­tieren.

In nahezu jedem Fall muss das vorhandene Ent­wäs­se­rungs­­konzept des zu sanierenden Daches überprüft und gemäß den veränderten Berech­nungs­grundlagen ange­passt werden. Bei vielen Sanierungsobjekten fehlt die er­for­derliche Notentwässerung komplett und muss unter Be­rücksichtigung der vorhandenen Entwäs­serungs­ele­men­te neu geplant und eingebaut werden. Einzige Aus­nahme bilden flache oder flach geneigte Dächer, die direkt über außenliegende Rinnen entwässern. Hier bietet sich an, den von allen Herstellern angebotenen objektbezogenen Berechnungsservice in Anspruch zu nehmen.

Im Rahmen der Lagesicherung des neuen Dachaufbaus gilt es auch eine auf das jeweilige Dachsanierungskonzept abgestimmte Windsogberechnung zu erstellen. Auch hier stehen die Hersteller mit entsprechenden Servicetools beratend zur Seite.

Damit ein Flachdach nach einer Sanierung lange Zeit funk­tionssicher und mangelfrei bleibt, gilt es folgende Grund­­prinzipien zu berück­sich­tigen:

– hochwertige Materialien verwenden

– immer ein Gefälle vorsehen

– umfassende Planung (Hersteller, Architekt, Sach­ver­ständiger und Bauherr)

– fach­gerechte Verlegung durch nachweislich pro­dukt­geschulte Verleger

– regelmäßige Kontrollen während der Ausführung (Her­steller, Architekt, Sachverständiger und Bau­herr)

– regelmäßige Wartung (1- bis 2-mal/Jahr so­wie nach jedem Extremwetterereignis)

Kunststoffbahnen in der Sanierung

Neben ihrer Verwendung beim Neubau erfüllen Kunststoffbahnen alle Voraussetzungen für den Einsatz bei der Sanierung von flachen und flach geneigten Dächern. Material- und Ver­ar­bei­tungs­vorteile gelten hier ebenso wie beim Neubau:

– geringes Gewicht durch 1-lagige Ab­dich­tung

– geringe Brandlast aufgrund spezieller Rezepturen und geringerer Bahnendicken

– hohe Lebensdauer und dadurch optimales Preis-Leis­­tungs­verhältnis

– rationelle und weitgehend witterungsunabhängige Ver­­legung

– kein Brandrisiko aufgrund der Verarbeitung ohne offe­ne Flamme

– dauerhafte Nahtverbindungen, z. B. durch Heißluft- oder Quellverschweißung

– geringer Pflege- und Wartungsaufwand

– Möglichkeit zur fachgerechten Bearbeitung wäh­rend der gesamten Gebrauchsdauer

– nach Ablauf der Nutzungsdauer recyclefähig

Der vielleicht wichtigste Vorteil von Kunst­stoff­bah­nen ist die kontinuierliche Weiterentwicklung der Werk­stof­fe und Re­zep­turen. Überall auf der Welt forscht man mit Kunst­stof­fen. Es kommt ständig zu interessanten Neu- und be­deu­tenden Weiterentwicklungen, die auch für den Einsatz von Kunststoffbahnen auf dem Dach nutzbar sind.

Unterschiedliche Sanierungssysteme

Aktuell stehen dem Planer und Verarbeiter für die Flach­dach­­sanierung unterschiedliche Kunststoffbahnen zur Aus­wahl. Natürlich ist die Wahl des Materials maßgeblich von dem zu sanierenden Objekt abhängig. In der ­Re­gel kommen nachfolgende Verlegearten zum ­Einsatz:

– lose Verlegung mit Auflast

– mechanische Befestigung

– verklebte Verlegung

Bei allen drei Verlegearten kann der Altdachaufbau auf der tragenden Unterkonstruktion verbleiben, wenn ver­schie­dene Voraussetzungen erfüllt sind. So darf sich das alte Schichtenpaket nicht schädlich auf die neue Gesamt­kon­struk­tion auswirken. Auch müssen die vorhandenen Dampfsperren voll funk­tionstüchtig sein und über den notwendigen Sperrwert verfügen. Objekt- und verlege­art­abhängig sind eventuell weitere Be­dingun­gen zu erfüllen.

Soll z. B. die Neuabdichtung nur lose verlegt und mit einer zusätzlichen Auflast gesichert werden, ist sowohl eine ausreichende Tragfähigkeit der Unterkonstruktion als auch ein wasserabführendes Gefälle wichtig. Diese Sanierungs­form bietet den Vorteil der flächi-gen Trennung zwischen Alt- und Neudach. Zudem ist nach der Nutzungsdauer ein sortenreiner Rückbau des Sanierungsaufbaus zum Recyc­ling möglich.

Für die Sanierung mit mechanisch befes­tigten Systemen sind die Festigkeit und Mindestdicke der Trag­decke aus­schlag­gebend. Die Auszugsfestigkeiten der Befestigungs­ele­mente sollten z. B. durch entsprechende Versuche vor der Sanierung ermittelt werden. Außerdem dürfen ent­spre­chend der aktuell gültigen Flachdachrichtlinien bei Sa­nie­rungen, bei denen durch den vorhandenen wär­me­­-ge­dämm­ten Dachauf­bau geschraubt wird, ausschließlich kor­rosionsbeständige Befestiger zum Einsatz kommen. Ob die alte Ab-dichtung verbleiben kann, ist im Einzelfall zu entscheiden. Die Lasten, die durch den Sanierungsaufbau zusätzlich aufgebracht wer­den, können auf ein Minimum reduziert werden. Zudem bietet dieses Sanierungssystem ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Soll bei der Sanierung der neue Schichtenaufbau auf dem Altdach verklebt werden, so muss der vorhandene Schich­tenauf­bau in allen Klebeebenen noch ausreichend la­ge­sicher sein. Falls notwendig, kann der Altaufbau zu­nächst durch Nachfixieren lagesicher hergestellt werden. Haupt­vorteil dieses Sys­tems ist die rationelle Verarbeitung. Auch entsteht auf dem Dach keine Brandgefahr, da die Ver­legung ohne offene Flamme erfolgt.

Fazit

Sanierung ist nicht nur Mangelbeseitigung. Vielfach ist die Nutzungsänderung eines Gebäudes oder die vor­beu­gende Maßnahme Grund für die Erneuerung der Dach­haut. Kunststoff-Dachbahnen bieten in jedem Fall eine dauerhaft funktionssichere, leistungsfähige und nach­hal­ti­ge Ab­dichtung.

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