Alter Elbtunnel Hamburg

Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst

Der alte Elbtunnel in Hamburg wurde am 7. September 2011 von der Bundesingenieurkammer und der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau offiziell als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet. Mit der Titelvergabe würdigt die Bundesingenieurkammer eines der bedeutendsten Ingenieurbauwerke des 20. Jahrhunderts. Das Hamburger Bauwerk war der erste große Unterwassertunnel auf dem europäischen Festland und in mehrfacher Hinsicht zukunftsweisend. Der alte Hamburger Elbtunnel erhält den seit 2007 in der Bundesrepublik Deutschland vergebenen Titel als zehntes Bauwerk.

Als der Tunnel 1911 in Betrieb ging, war er eine technische Sensation – und ist heute ein lebendiges Stück Hamburger Geschichte. Bis heute transportiert der einzigartige Elbtunnel über ein System von Fahrstühlen und Tunneln jeden Monat 30000 Fahrzeuge von der einen Elbseite zur anderen. Für die monatlich 40000 Fußgänger wird der Abstieg in die Tiefe mit den aufwendig ausgestatteten Aufzügen, dem reliefverzierten Tunnel und dem majestätisch inszenierten Eingang regelrecht inszeniert.

Der St. Pauli Elbtunnel, wie er offiziell heißt, ist vor allem ein technisch herausragendes Ingenieurbauwerk. Dafür steht vor allem seine außergewöhnliche Konstruktion mit den in einer offenen Stahlkonstruktion fahrenden Aufzügen. Das Konzept für den Tunnel hatte der städtische Oberbaurat Ludwig Wendemuth entwickelt, für die äußere Gestaltung war der Architekt Otto Wöhlecke verantwortlich.

Wie bei dem längst stillgelegten Clydetunnel in Glasgow gibt es auch im alten Elbtunnel keine Tunnelrampen. Fußgänger und Autos werden von großen Aufzügen zur Tunnelsohle gebracht. Für Rampen war aus Sicht der Erbauer auf der St. Pauli-Seite zu wenig Platz. Zudem hätten die Pferde vor den Fuhrwerken auf den ansteigenden Rampenstrecken viel Kraft aufbieten müssen. Den späteren Siegeszug des Autos konnten die Planer damals noch nicht erahnen.

Die beiden Röhren des alten Elbtunnels wurden im Schildvortrieb gebaut: Im Schutz von eisernen Rohren buddelten sich die Arbeiter mit Schaufeln und Hacken durch Schlick, Sand und Stein. Dahinter entstanden die neuen Tunnelröhren aus schmiedeeisernen Tübbings, innen und außen mit Beton verkleidet. Beim Bau dieser Tunnelröhren gab es im Detail viele Neuerungen bei den Vortriebsschilden und der Konstruktion. Jedes Tunnelrohr besteht aus 1695 Ringen mit 25 cm Breite, die aus jeweils sechs schmiedeeisernen Tübbings zusammengesetzt sind.

Auch der Bau des Schächte war einzigartig: Auf dem St. Pauli-Ufer wurde eine frühe Form der Schlitzwandbauweise angewendet, auf Steinwerder waren die Dimensionen des Caissons zum Abteufen des Schachtes außergewöhnlich. In beiden Schachtgebäuden arbeiten jeweils sechs Aufzüge: je zwei Aufzüge mit 10 und mit 6 Tonnen Tragkraft für Fahrzeuge sowie zwei Personenaufzüge mit je 2,4 Tonnen Tragkraft.

Der Schildvortrieb und das Abteufen des Schachtes Steinwerder war nur mit Hilfe von Druckluft möglich. Sie hielt Sand, Schlick und Wasser aus der Baustelle. Mit diesem Verfahren in einer Tiefe von bis zu 26 m unter dem Hochwasserspiegel wurde auch Medizingeschichte geschrieben. Der nach Protesten der Arbeiter eingestellte „Pressluftarzt“ Arthur Bornstein verbesserte mit seiner Ehefrau Adele (ebenfalls Ärztin) die Arbeitssituation der Beschäftigten und erforschte die Druckluftkrankheit.

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